Münchner Staatsoper – Smetanas „Die verkaufte Braut“

Unter dem Dirigat on Tomás Hanus weckt die Ouvertüre Spannung. Nervös vibriert der Geigenuntergrund während sich die einzelnen Motive entfalten. Kezals Werbespot als Heiratsvermittler als Gigalo der 60er Jahre mit Telefonnummer wie ein Callboy zielt schon auf simple Klischees. Es wird noch schlimmer. Regisseur David Bösch macht aus der „Verkauften Braut“, der tschechischen Nationaloper  einen dörflichen Komödienstadel.

Marie und Hans, ein fremder Knecht lieben sich. Doch Marie soll Wenzel, Sohn des reichen Micha heiraten. Heiratsvermittler Kezal  bietet Hans sogar eine Abfindung an, wenn er auf Marie verzichtet. Hans geht darauf ein mit der Forderung, dass Marie nur einen Sohn Michas heiraten dürfe. Nach allerhand Durcheinander gibt sich Hans als zweiter Sohn Michas zu erkennen und alles ist gut.

Die Bühne wird zum riesengroßen Heuhaufen mit Förderbändern,  Dekorationsort für den Chor, sehr aktiv und gekonnt in die Statisterie der Dorftölpel eingebunden, zum Pissoir inklusive Fontänenperformance, wenn die Schlange beim Dorffest vor dem Örtchen allzu lang wird. Marie kreiert David Bösch als plumpe, Kaugummi kauende Bauernmaid (Kostüme Falko Herold) und Hans zunächst als Dorfplayboy. Auch wenn Wenzel, der stotternde Bräutigam mit einem properen Glücksschwein mit Goldschleife anreist, David Bösch mit exzellenter Personenregie die  dörflichen Klischees vitalisiert, wirken die ersten beiden Akten des Singspiels infolge der vielen Rezitative tröge, zumal das Orchester sich ständig in den Vordergrund spielt und die Arien passagenweise überdecken. Klangdifferenzierung, Dynamik und Textverständlichkeit trotz oder geraden wegen des deutschen Librettos bleiben auf der Strecke. Der gesellschaftskritische Aspekt Frau, Hochzeit, Ehe  als  materialistischer Deal  verschwindet wie die Nadel im Heuhaufen im derb trunkenen Spektakel.

Umso mehr überrascht der dritte Akt nach der Pause.

Unter dem Dirigat on Tomás Hanus weckt die Ouvertüre Spannung. Nervös vibriert der Geigenuntergrund während sich die einzelnen Motive entfalten. Kezals Werbespot als Heiratsvermittler als Gigalo der 60er Jahre mit Telefonnummer wie ein Callboy zielt schon auf simple Klischees. Es wird noch schlimmer. Regisseur David Bösch macht aus der „Verkauften Braut“, der tschechischen Nationaloper  einen dörflichen Komödienstadel.

©Winfried Hösl

Mit dem schrägen „Of Road Circus“ auf der Spitze des Heubergs, inzwischen zum dampfenden Misthaufen mutiert, entwickelt die stumpfe Dorfseifenoper eine magisch surreale Fellini-„La-Strada“-Melancholie. Wunderbar tanzt und schwebt Esmeralda auf dem Seil, strahlt der Sopran Anna El-Khashem, herrlich schräg orgelt das Orchester und findet gleich darauf eine klangvoll dynamische  Balance zu den Sängern. Wolfgang Ablinger-Sperrhacke jubiliert als verliebter Wenzel im Bärenkostüm, Irmgard Vilsmeier setzt als Michas Frau markante Hörakzente, und in den Hauptrollen brillieren darstellerisch und sängerisch Günther Groissböck (Kezal), Pavol Breslik (Hans) und Selene Zanetti (Marie).

Michaela Schabel