Landshut – Donizettis „Maria Stuarda“ im Landestheater Niederbayern

Opernkritik "Maria Stuarda" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de
©Peter Litvai/Landestheater Niederbayyern
Berühmt wurde Donizettis „Maria Stuarda“, reduziert auf die Dreiecksgeschichte. Graf von Leicester, den Elisabetta heimlich liebt, betet Maria an, bittet um Gnade für sie und arrangiert  eine Begegnung der beiden. Diese besiegelt nur noch das Todesurteil Marias. 
In der Version von Kobie van Rensburg, verantwortlich für Regie, Bühne, Kostüme und Videos,  besticht diese „Maria Stuarda“ als Donizettis Liebesgeschichte , in der allein die Emotionen die Handlung bestimmen.  Kobie van Rensburg verzaubert durch ästhetische Schönheit altmeisterlicher Historienbilder, in denen beide Frauen wie in der flämischen Ölmalerei aufleuchten, ihre Antlitze durch  filmtechnische Tricks voyeuristisch ganz aus der Nähe beobachtbar werden, der Hof meist buckelnd agiert,  das Libretto wie im Film in altem Schriftzug direkt im Bühnenbild integriert wird und die verschiedenen Perspektiven dokumentiert. Durch  bühnentechnische Reduktion und raffinierte Lichteffekte verwandelt sich die Szenerie außerhalb der königlichen Gemächer in eine winterliche Märchenlandschaft. Es schneit wie in einem Bilderbuch, als Leicester per Video zu Maria galoppiert. In winterlicher  Waldlandschaft treffen Maria in rotem, dekolletiertem Samtkleid weiblicher Eros pur und Elisabetta in hochgeschlossener Silberrobe und weißem Pelz in majestätischer Grandezza aufeinander.
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©Peter Litvai Landestheater Niederbayern
Nein, Maria beugt sich nicht demütig, sie kniet stolz nieder und das Gespräch eskaliert in gegenseitigen Beschimpfungen, durch Gewitter im Hintergrund  intensiviert.  Maria verliert ihren Lebensanspruch, aber sie siegt durch Sympathie, anerkennt im weißen Büßerhemd ihre Schuld. „Die Liebe eröffnet die Pforten zur Hölle“. Hoch oben auf den Stufen wartet der Scharfrichter. Ein zu Boden wallender  roter Vorhang nimmt das Ende vorweg. 
Diese großartigen Bilder geben den Sängern einen atmosphärischen Raum  für die atemberaubenden Belcanto-Arien und die dahinter stehenden Gefühle durch großes Tonspektrum und kleine Gesten auszudrücken. Karina Skrzeszewska (Elisabetta) und Margareta Klobučar (Maria) kolorieren ebenbürtig, von Eifersucht getrieben die eine, nicht minder arrogant und erhaben die andere. In fulminanter Dynamik überstrahlen sie mühelos selbst die orchestralen Forte-Tutti mühelos. Optisch und sängerisch agieren beide voller Grandezza und Sprezzatura, wobei Maria  als Liebende und ihre Schuld Bekennende mehr Emotionen zeigen darf, aber gleichzeitig  ihre verwerfliche Vergangenheit als Mörderin des Gattin filmisch visualisiert wird. 
Mit Victor Campos Leal als Leicester gelingen wunderbare Duette. Sein Tenor entwickelt in mittlerer Lage mediterranen Schmelz, immer von Liebesschmerz geplagt. Heeyun Choi setzt als Talbot balsamische Akzente in der Tiefe. Chor und Nebenrollen, Kyung Chun Kim (Cecil)  und Reinhild Buchmayer (Anna), fügen sich  klangschön ein. Basil H.E. Coleman findet bei der Premiere im Theaterzelt  schnell die richtige Klangbalance, realisiert sein Vorhaben, mehr aus dem Piano zu entwickeln, sorgt für präzise Einsätze, tänzerische Eleganz, lässt die großen Leidenschaften  dieser Belcanto-Oper  explodieren und setzt apokalyptische Orchester-Akzente. Sehr gelungen ist der Überraschungseffekt durch die collagierten Madrigalchöre. So wird gleich zu Beginn das Hofkolorit des  elisabethanischen Zeitalters hörbar und durch die Ballspiele sichtbar. Auf allen Ebenen überrascht diese Operninszenierung durch originelle Ideen und größte Empathie. Das Publikum war begeistert und feierte die Sänger und Musiker mit fulminantem Applaus.     

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