… und knallt trotzdem nicht.
Das liegt nicht nur an dem simplen Libretto. Eine verkrachte Bürgerfamilie will sich durch die Geldheirat ihres Mündels gegen dessen Willen sanieren. Nach etlichen Verwirrungen um den „Vetter aus Dingsda“ gibt es ein galantes Happy-End, aufgepeppt mit nostalgischen Evergreens. Was in den 20er Jahren in der Amüsierhaupt Berlin bestens funktionierte, könnte durchaus auch heute noch leichte Unterhaltungskost als Ablenkung vom Tagesgeschehen sein. Lieder wie „Onkel und Tante, ja das sind Verwandte“ sind immer noch beschwingte Oldies. Doch die Inszenierung setzt auf optische Effekte, von denen nur wenige den Zauber der Musik spiegeln, beispielsweise, wenn bei Julias Lied vom „Strahlenden Mond“ der Vollmond im Fenster des spießigen Wohnzimmers aufgeht und sich etwas später Sternschnuppen als geheime Wunscherfüller jagen.
Doch insgesamt blieb der Unterhaltungswert des Premierenabends in Landshut auf jeder Ebene auf Sparflamme. Viel zu plakativ und plump wirkt der Stilmix aus Parodie und Pose, Boulevard und Slapstick, den Regisseurin Margit Gilch den Sängern und Publikum zumutet.
©Peter Litvai
Statt dem Zauber der Musik zu vertrauen, den klanglichen Facetten zu intensivieren, karikiert sie die Musik durch parodistisches, sehr ausgestellte Spielszenen, die als Gruppenbild in leuchtenden Farbnuancen effekthascherisch zur Pose einfrieren. Ohne Pepp wirken die wenigen Tanzschritte mehr als bescheiden. Ganz zu schweigen vom uninspirierten Kostümmix, der nur beim Koch (Oskar Imhoff) mit Muskelmann- und Pin-up-Girl-Schürzen einige Lacher provoziert.
Unter den schwierigen akustischen Bedingungen des Theaterzelts blieb auch Sprechpassagen und musikalische Präsentation auf der Strecke. Orchester und Sänger fanden nicht wirklich zusammen. Basil H.E. Coleman ließ zwar im ersten Teil immer wieder die facettenreiche Musik Künnekes in den einzelnen Instrumentalgruppen glitzern, doch sie wurden vom grellen Bühnenspiel überdeckt, umgekehrt kamen Künnekes berühmte Evergreens wegen des häufigen Fortes und rasanten Tempos aus dem Orchestergraben wenig zur Wirkung. Mit Ausnahme von Kathryn J. Brown als Tante eine wahrhaft operettenhafte Ulknudel mit resolutem Stimmvolumen waren die weiblichen Stimmen zunächst ziemlich blass. Maria Pitsch brachte die romantisierende Emotionalität des Mündels Julia nur wenig zum Funkeln. Rollenbedingt brillierte Emily Fultz mehr schauspielerisch als sängerisch.
Bei den Männern setzt Kyung Chun Kim als endlich zurück gekehrter Vetter im Schlussteil markante Akzente, Jeffrey Nardone gab stimmlich, allerdings nur in der Mittellage einen romantischen Liebhaber und glänzte mit „Ich bin nur ein armer Wandergesell“ mit einfühlsamen Volumen und textklarer Intonation. Peter Tilch konnte sich zumindest gesanglich trotz seiner übertrieben spießigen Optik gesanglich positionieren. Dass Mark Watson Williams immer den infantilen Verehrer spielen muss, ist klischeemäßig kaum noch zu überbieten.
Doch in den Tutti störten immer wieder schrille Intonierungen. Vor allem im zweiten Teil ging in der immer größeren Wucht und Dynamik des Orchesters der Charme der Melodien und der Komposition unter. Schade!
Michaela Schabel