Berlin – „Romeo & Julia“ – ein herrliches Tschaikowski-Konzert in der Berliner Philharmonie

Konzertkritik Berliner Symphoniker "Romeo & Julia" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

Bereits mit den ersten Klängen der „Romeo und Julia“-Ouvertüre entführten die Berliner Symfoniker in die Dramatik dieser weltberühmten Liebesgeschichte. Äußert klangvoll, präzis und dynamisch dirigiert kamen die extrem unterschiedlichen Themen fulminant zur Wirkung. Die ruhige Klosterstimmung wurde schnell durch innere Unruhe und den Hass der zerstrittenen Familien Montague und Capulet zerschnitten. Zart und rauschhaft malten Harfe  und Streicher exzellent, in subtiler Abstimmung mit den anderen Musikinstrumenten die sehnsuchtsvollen Kantilenen der beiden Liebenden, bald wieder überwogt von  kontrastierendem Klangfeuerwerk, fulminanten, punktgenauen Trommelwirbeln und mitreißenden narrativen Rhythmisierungen. 

Nur ein einziges Violinkonzert hat Tschaikowski geschrieben, an diesem Abend virtuos von Solist Stanislav Pronin auf seiner Stradivari interpretiert. Über dem Orchester jubilierend lotete er unangestrengt die Klanghöhen aus, spielte er das Andante in ruhig fließender Innigkeit und endete im „Allegro vivacissimo“ in mitreißender Leidenschaftlichkeit. Für den rauschenden Beispiel bedankte sich Stanislav Pronin mit einer rasant interpretierten „Suite“ von Piazolla in tangomäßiger Polarität zwischen größter Glückseligkeit und tiefster Verlassenheit. 

Nach der Pause wurden die verschiedenen Bläsergruppierungen zu den Hauptakteuren. Wunderbar dunkel intonierten die Fagotte Tschaikowskis todesdüstere Klangmotive der „Pathetique“. Streicher und Celli ließen das zweite Thema erglühen, in das die Posaunen balsamisch die altrussischen liturgischen Choralmotive einspielten, das in der Wiederholung unter ständigen Trommelwirbeln und infernalischen Bläsern düster anschwoll, um dann im „Allegro con grazia“ einem beschwingten Walzer Raum zu geben, durchwirkt von den prägnanten tiefen Orchesterstimmen. Im dritten Teil entwickelte sich ein flirrendes Klangnetz zwischen Heiterkeit und Bedrohung, lyrischen Höhen und bombastischem Erdbeben, von einem Oboensolo intensiviert, dann vom langen Atem der Bläser akzentuiert. Im Finale folgte partiturgemäß der abrupte Wechsel ins Elegische, ein letztes Aufbäumen, umso intensiver der tonale Fall nach unten. Posaunen übernahmen die Führung. In retardierenden Tempi machten die Streicher Todesstimmung hörbar.

Unter dem Dirigat von Hansjörg Schellenberger wurde jeder Part derart in sich dramatisch tonalisiert, dass das Abstoppen des Zwischenapplauses zum humorvollen Ritual avancierte.

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©Michaela Schabel

Es war in in jeder Beziehung ein gelungenes Konzert, das man gerne ein zweites Mal hören würde.