Berlin – „Jazz & Lyrics“ – in der Tischerlei der Deutschen Oper

Konzertkritik "Jazz & Lyrics" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

Wer jazzigen Bigband-Sound der Deutschen Oper erwartete, wurde enttäuscht. Die Literatur stand im Vordergrund, allerdings trotz Profischauspielerin und Hörspielsprecherin Yara Blümel zuweilen nur schwer verständlich. Ob das der Akustik des Raums, der Position des Sitzplatzes oder der Abmischung geschuldet war, bleibt offen. Die kurzen Gedichte, eine extrem bunte Mixtur querbeet durch die Epochen und lyrischen Niveaus von Hölderlin bis Wilhelm Busch nach Jahreszeiten zusammengestellt kamen jedenfalls trotz lautmalerischer Klangatmosphären nur vereinzelt zur Wirkung. 

Interessant war die musikalische Zusammensetzung. Neben den üblichen Bigband-Instrumenten  Trompete, Posaune, Kontrabass, Drums sorgten E-Gitarre, Vibrafon, vor allem Violoncello und Marimba für exotische Tonfärbungen zwischen fröhlich tänzerischer Leichtigkeit und kafkaesken Eisklirren. 

Die Kompositionen von Christian Meyer und Rüdiger Ruppert waren an diesem Abend abgesehen vom umrahmenden Programm mit entsprechenden Soli bei der Vorstellungsrunde zu Beginn und final beim Schlussapplaus weniger bigbandmäßig als vom akustischen jahreszeitlichen Werden und Vergehen geprägt, durchwirkt von Naturphänomenen, die an die Problematik des Klimawandels denken ließen. In den fünf Kompositionen „Breeze“, „Late Summer“, „Spirits of Summer“, „Dunkles Land“ und „A happy new Years Day“ leuchteten die Jahreszeiten tonal auf, zuweilen mehr brachial stürmisch als swingend, verstärkt durch Spezialeffekte wie eine Windmaschine.

Christian Meyer war der Klangmagier des Abends. Hauchzart, extrem subtil setzte er melodische Linien mit der Trompete über den pulsierenden Rhythmus von Drummer Rüdiger Ruppert, zuweilen abgelöst oder zu zweit mit Posaunist Sebastian Krol, kontrastiert mit den markanten Violoncello-Akzenten Leslie Riva-Rupperts und Franz Bauers Marimba-Drive. Kontrabassist Igor Spallati überraschte gelegentlich mit E-Gitarren-Riffs, blieb aber bis auf die Soli sehr im Hintergrund. 

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©Michaela Schabel

„Jazz & Lyrics“ zwischendurch noch mit zwei Waldprojektionen, ein paar Drehungen und einem Tänzchen zu beleben wirkte allerdings eher kontraproduktiv, viel zu bieder für eine Experimentierbühne, wie sie die Tischlerei an der Deutschen Oper darstellt. Man hätte aus diesem Projekt schon mehr machen können. 

Neugierig darf man sein, was folgt: 

„Jazz & Lyrics: Jazz-Legends“ mit Blick auf Jazzpersönlichkeiten wie Ella Fitzgerald oder James Brown am 19. Februar 

„Jazz & Lyrics: A Letter from Home“ mit bedeutenden und berührenden Briefen bekannter Persönlichkeiten am 19. März,

jeweils um 20 Uhr in der Tischlerei der Deutschen Oper