©Werner Herzog, Filmplakat
Herzog Werner träumt nie, aber er realisiert kollektive Visionen, auf die er bei langen Spaziergängen, Autofahrten und auf Reisen stößt. Es sind die Geschichten, die in uns Menschen sind, die den Stoff für seine Filme bilden. Genauso wenig wie er die Quelle des Wasserfalls seiner Kindheit in Oberbayern kennt, weiß er um den Ursprung dieser Geschichten. Sie formen sich einfach und entwickeln dann wie dieser Wasserfall, der am Beginn und Ende den Film umrahmt, eine ungewöhnliche Energie.
Wie ein Puzzle setzt sich Werner Herzogs Leben aus den Kommentaren der Menschen, die ihn begleiteten, zusammen, aus dem Privatbereich v. a. sein Bruder Lucki Stipetić, der für ihn die Finanzen regelte, seine beiden Frauen Martje und Lena Herzog. In Lena verliebte sich Werner Herzog auf den ersten Blick und kehrte Deutschland spontan nur mit einer Zahnbürste im Gepäck den Rücken. In den USA machte er Karriere ohne sich dem Mainstream Hollywoods anzupassen, hatte allerdings auch keine Berührungsängste mitzumachen. Als „Klient“ im Star Wars-Universum der Serie „The Mandalorian“ erntete er viel Applaus.
Aber Werner Herzog blieb sich immer treu, avancierte zum Kult-Regisseur ohne Allüren, ein Seelenverwandter all derer, die nach den wesentlichen Antrieben im Leben suchen. Dabei darf im Hintergrund auch Wagners „Rheingold“ kurz erklingen.
Werner Herzog war und ist ein ganz untypischer Regisseur, ein Abenteurer der selbst Kopf und Kragen riskierte. Seine Filme haben hohen Wiedererkennungswert. Jeder ist in seiner Art einzigartig.
Das Filmen war für ihn Reisen, das Schreiben das Zuhause. Tief im Wissen um seine innere Stimme verankert wusste er immer, was zu tun war. Um seine schwer erkrankte Mentorin, die berühmte Filmkritikerin Lotte Eisner vor dem Tod zu retten, ging er zu Fuß von München nach Paris. Sie überlebte.
Werner Herzogs Schaffensdrang ist ungebrochen. In diesem, seinem 80. Lebensjahr zeigt der Film entlang seiner Autobiografie „Jeder für sich und Gott gegen alle“, das trotz aller Tiefschläge erfüllte Leben eines einzigartigen Filmemachers, geehrt und bewundert von seinen Weggefährten, den Regisseuren Wim Wenders, Joshua Oppenheimer, Chloé Zhao und Volker Schlöndorff, von Kameramann Thomas Mauch, der Sängerin Patti Smith und der Schauspielerin Nicole Kidman. Bei Werner Herzog mitzumachen, hieß Neues zu wagen, bis an die Grenzen des Wahnsinns wie Klaus Kinski, das Enfant terrible in vielen Produktionen, extrem schwierig im menschlichen Umgang, aber schauspielerisch nicht ersetzbar.
Was in Filmausschnitten legendärer Dreharbeiten, insbesondere bei seinem Meisterwerk „Fitzcarraldo“ im Plauderton kommentiert skurril witzig wirkt, war in der Realität ohne Studiotricks den Naturgewalten ausgeliefert zuweilen lebensgefährlich. Doch der Fokus liegt bei Werner Herzog nicht auf den Gefahren, sondern auf dem Gelingen. Nur mit dieser optimistischen Grundhaltung konnte ihm dieses gigantische Lebenswerk gelingen. Selbst der Streifschuss eines Aktivisten ist für ihn nichts Besonderes. Dafür hat er viel zu viel erlebt und überlebt.
©Werner Herzog
Werner Herzog ist eine Persönlichkeit, die ganz in sich ruht. Das Haus, wo er die Jahre nach dem Krieg erlebte, betritt er nicht. Das gebe nur ungute Gefühle. Das mikroskopische, nur mit einer Lupe zu lesende Tagebuch seines Krisenjahres, als „Fitzcarraldo“ zu scheitern drohte, legt er in einer Filmsequenz einfach beiseite. Welch großartige lebensphilosophische Sequenzen! Werner Herzog tankt lieber Energie auf bei seinem Wasserfall. „Das bin ich“, bekennt er. Er weiß, wie man Filme macht, die absolut in das Wesentliche zielen, weiß geistig zu fliegen, auch wenn ihm als Mensch das Fliegen verwehrt bleibt, das er bei Vögeln und Skifliegern so bewundert.
Künstlerisches Team: Thomas von Steinaecker ( Drehbuch) Philip Stegers (Komposition), Henning Brümmer (Chef-Kameramann), Volker Schaner (Chef-Cutter)