"Kultur macht glücklich"


Katharina Huber „Ein schöner Ort“

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Katharina Huber „Ein schöner Ort“

©Acker Film

Mit Katharina Hubers „Ein schöner Ort“ präsentiert sich der deutsche Film noch eine Dimension düsterer als mit Katharina Lüdins „Und dass man ohne Täuschung zu leben vermag“ (Kritik vom 9. August). Die filmischen Mittel sind durchaus ähnlich und trotzdem entwickelt jede eine ganz eigenständige cinematische Handschrift.

„Ein schöner Ort“ scheint das alte Dorf, dessen Bewohner über Radio und Fernsehen mit der Welt verbunden, ganz bestimmt nicht zu sein. In zehn Kapiteln baut sich die Suche nach einem schöneren Ort auf, wobei Katharina Huber chronologisch mit dem letzten, den „Schlechten Nachrichten“ den Countdown Richtung Vernichtung beginnt und damit den Bogen zur Eingangssequenz spannt. 

Menschen verschwinden im Dorf. Niemand weiß wohin. Man vermutet eine Geheimmission zur Erkundung des Kosmos, um den weltraumfähigen Übermenschen zu optimieren. Auch Güte, der Name ist durchaus symbolisch zu verstehen, verlässt das Dorf, bleibt aber nahe. Ihr Gegenentwurf ist die Natur. In einem Holzverschlag im Wald beginnt sie ein Outlawleben, behält aber über ihre Freundin Margarita Kontakt zum Dorf. Ihr Freund Wolf versteht nicht, warum Güte ihn verlassen hat, warum sie ihr Leben so verschleudert. 

Sie sucht nach ihrem Weg der Freiheit, wohingegen die Dorfbewohner keinerlei Bewusstsein für ihre Abhängigkeit haben. Gerupfte Federn, zerbrochene Eier werden zu Chiffren für ausgebeutete Existenzen. Für Güte gelten die alten Regeln und Moralvorstellungen nicht mehr. „Alles ist erlaubt, ist das neue Grundgesetz“, das die Kamera durch voyeuristische Blicke durch Fensterscheiben in langen Einstellungen einfängt. Horizont und Landschaften wirken wie Gemälde. In altmeisterlicher Manier werden Gesichter und Stillleben von Licht und Schatten modelliert und eingefroren. Harte Schnitte zerschneiden immer wieder menschliche Beziehungen. Das Alleinsein in Bett und Natur vergrößert die zwischenmenschliche Distanz und findet Schulter an Schulter doch wieder zu menschlicher Nähe. Der Annäherung folgen Leere, Enttäuschung, Passivität, atmosphärisch verdichtet durch einen vielschichtigen Soundmix, der die seelischen Prozesse hörbar macht und durch Orgel, Klavier, Mundharmonika und Fluglärm, klassischen, poppigen und völkischen Melodien die Interpretationsebenen weitet. Auf diesen verstörenden Film muss man sich einlassen, dann ist er ein assoziatives Erlebnis. Ob und vor allem wie lange  „Ein schöner Ort“ überhaupt noch existieren kann, bleibt offen.

Künstlerisches Team: Katharina Huber (Drehbuch, Regie, Schnitt) Jesse Mazuch, Carmen Rivadeneira (Kamera), Chris Pitsiokos, Federico Perotti (Musik) 

Es spielen: Clara Swinning (Güte), Céline De Gennaro (Margarita), Jannik Mioducki (Wolf), Andreas Schneiders (Hutmann), Julian Sark (Geni)