Filme -„Feinde – Gegen die Zeit“  und „Feinde – Das Geständnis“, ein zweiteiliges Filmprojekt der ARD nach einem Text von Ferdinand von Schirach

Ferdinand von Schirach von "Feinde-Gegen die Zeit" und "Feinde-Das Geständnis" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©ARD 

Die Entführung des Frankfurter Bankierssohns Jakob von Metzler 2002 inspirierte Ferdinand von Schirach zu der Textvorlage von „Feinde“, die Jan Ehlert und Regisseur Nils Willbrandt in einem Drehbuch dramatisierten. 

Ein 12-jähriges Mädchen wird entführt. Die vermögenden Eltern wollen das Lösegeld von 5 Millionen Bitcoins bezahlen. Kommissar Nadler bleiben nur 48 Stunden Zeit zu ermitteln. In „Feinde – Gegen die Zeit“ will der Polizist, der intuitiv den Täter erkennt, das Geständnis durch Folter erpressen. Im zweiten Film „Feinde – Das Geständnis“ wird die Geschichte aus der Sicht des Strafverteidigers aufgerollt. Das Fernsehpublikum darf wieder abstimmen. Für oder gegen Folter? 

Die ARD jubelt zwar über die Zuschaltquoten von 15,277 Millionen Zuschauern und das damit gelungene TV-Experiment. Aber war es wirklich ein Volltreffer? Das große Interesse ist größtenteils der Ausstrahlungszeit geschuldet. „Feind – Gegen die Zeit“ wurde am Sonntagabend zur „Tatort“-Zeit angesetzt, anschließend „Feinde – Das Geständnis“ bzw. parallel auf allen Dritten Programmen und One. 

Manipulierend war die Aufmachung. Trotz sachlicher Außenperspektive der Ermittlung mit laufender Uhrzeit wirkte der erste Teil spannend wie ein Thriller, extrem emotionalisierend und atmosphärisch. Mögliche Spuren dieses perfekt geplanten Verbrechens wurden durch heftige Schneefälle, ganz ungewöhnlich für Berlin, verwischt und Wärmebildkameras über Drohnen, faktisch falsch, nicht möglich waren. Gleichzeitig zaubert die weiße Schneelandschaft eine sanfte, fast poetische Tristesse, in der eine vom Wind verwehte Plastikfolie den Tod des Mädchens vorwegnimmt, die sich in ihrem Entführungsraum mit Lebensmittelregal, sauberer Matratze frei bewegen und den Ofen anzünden kann. Bjarne Mädel zeichnet Kommissar Nadler überaus sympathisch, klar, mit Empathie. Ein kurzes Gespräch genügt dem erfahrenen Polizisten, ohne Beweise den Verbrecher zu erkennen. Er handelt wie ein Held mutig gegen jegliche Verbote, fest davon überzeugt, dass das Böse nur durch Bestrafung bekämpft werden kann. Ein sarkastisches Lächeln von Franz Hartwig in der Rolle des Entführers, seine Unterwasserübungen im Luftanhalten beim Schwimmtraining erleichtern dem Publikum die Enttarnung als Entführer und das Abstimmungs-Ja für die Folter. Doch wenn es einen Unschuldigen getroffen hätte? 

Klaus Maria Brandauer als Strafverteidiger ist anderer Meinung. „Nadler irrt sich“, sagt Konrad Biegler in „Feinde – Das Geständnis“. Er hat nie in seiner jahrzehntelangen Amtszeit nur gute oder schlechte Menschen gesehen. Für Gerechtigkeit und Menschenwürde sorgt nur das Gesetz. Bei seinen Recherchen erlebt er einen von der Folter gebrochenen Entführer, in dessen Erinnerung Hauptkommissar Nadler zum Peiniger wird.

Für Christine Strobl, Geschäftsführerin der ARD, „ist der Erfolg von ‚Feinde‘ ein Ansporn für uns, weiterhin kreative und auch neue Wege in der öffentlich-rechtlichen Fernsehunterhaltung zu gehen.“ Das ist konzeptionell durchaus gut gedacht, kann aber juristisches Rechtsdenken, wie dieser Fall zeigt, auch schnell durch manipulierende Darstellungen unterminieren. Folter nach intuitivem Gefühl eines Einzelnen? „Feinde“ in dieser Form ist ein Plädoyer für die Folter und leistet rechtsradikalen Methoden Vorschub. Folter ist immer noch ein Mittel diktaktorischer Gewalt, die die Menschenwürde missachtet.

Wesentlich bewusstseinsbildender wäre dieses TV-Projekt gewesen, wenn der Verdächtige eben nicht der Entführer gewesen wäre. 

Die Filme und die Dokumentation sind noch drei Monate in der ARD-Mediathek abrufbar.