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Leonardo DiCaprio übernimmt den Part des versoffenen Schauspielers Rick Dalton, der noch einmal ein Comeback versuchen will, sich in Beverly Hills einmietet und sich von seinem Ex-Stuntman Cliff Booth herumkutschieren lässt. Den spielt Brad Pitt als sympathischen Sunnyboy, den sein spontanes Temperament schon längst ins Outdoor der ausrangierten Wohnwagen-Camps beförderte, wo er statt mit einer Frau mit einem Hund lebt.
Geschickt zappt Tarantino zwischen den einzelnen Biografien hin und her. Teilweise zeitversetzt mit gleichen Einstellungen oder über Rückblenden parodiert er die Muster männlichen Imponiergehabes von den rasanten Cadillac-Fahrten die Beverly-Hills-Serpentinen hinab bis zu den Zeitlupen-Posen der Spaghetti-Western. Dass ausgerechnet Roman Polański der Nachbar von Ricks neu angemieteter Villa ist und Cliff ein Hippie-Mädchen auf die verkommene Movie Ranch seines ehemaligen Chefs kutschiert, wo sich die Manson-Kommune eingenistet hat, weitet den Blick auf die Loser, entzaubert den Mythos der Hippies, die statt in Freiheit elendig und elegisch zwischen Droge, Ratten und Fernsehen dahinvegetieren.
Zeitadäquat fungieren die Frauen nur als Betthäschen à la „Im Tal der Puppen“. Sharon Tate, von Margot Robbie sehr sexy, selbstverliebt bis dümmlich interpretiert, schwingt im Grunde nur dauerlächelnd die Hüften, bewundert sich selbst im Kino und freut sich, wenn ein paar der wenigen Zuschauer über einen Gag lachen oder sie vor ihrem Filmplakat fotografiert wird, damit man sie auch erkennt.
Mit originellem, liebevollem Witz und den Songs der Hippie-Bewegung nimmt Quentin Tarantino diese Hollywood-Welten auf die Schippe und bettet sie authentisch durch einstige Filmplakate, Filmsequenzen und Fernsehwestern ein. Autos, Villen, Minimode und Hawaii-Hemden alles ist stimmig, inklusive Poolpartys, Essen beim Mexikaner, dem Glas in der Hand, der ständigen Zigarette im Mund. Gleichzeitig zeigt Tarantino die Tristesse der Hippiegeneration, die vor dem Fernsehen aufgewachsen, nur Mord und Totschlag kennenlernte und im Drogenrausch zur unberechenbaren Meute wird. Tarantino lässt ständig mitten ins Gesicht fokussieren, erfasst über die Pupillen jede Reaktion und schafft damit eine berührende Nähe zu den Figuren.
Mit kindlicher Ernsthaftigkeit erklärt ein 8-jähriges Mädchen am Set diesem alten Haudegen Rick, worauf es bei der Schauspielerei ankommt. Wie Leonardo DiCaprio diesen Rick in seiner aufgequollenen, ständig hustenden, sich verhaspelnden Persönlichkeit zwischen Wehleidigkeit und Einsicht spielt, beeindruckt. Brad Pritts Part ist einfacher. Er ist und darf der Sunnyboy bleiben, selbst mit einem Messer in der Hüfte.
Das Märchen von „California Dreamin´“ endet mit leerer Kasse, einer Freundschaft, die trotzdem hält, einer mächtigen Actionszene, die natürlich nur die Guten überleben und, man ahnte es schon zu Beginn, endlich mit einer Einladung bei Polańskis in der Villa nebenan. Wie in alten Märchenbüchern aus der Vogelperspektive poetisch in Szene gesetzt entlässt Tarantino mit einem vagen optimistischen Schluss treffsicher zum Titel „Once Upon a Time … in Hollywood“. Und wer sich noch Zeit für den Abspann nimmt, erlebt einen originellen Zigarettenreklamespot mit Leonardo DiCaprio als augenzwinkernden Epilog.