©Wild Bunch, Germany
Das ist selbst für eine ausgezeichnete Schauspielerin wie Emma Thompson keine leichte Rolle. Sich zunächst ganz alltäglich, ungeschönt, mit allen Alterserscheinungen trotz Ehe als frustrierter Blaustrumpf preiszugeben ist sehr mutig und sie macht damit allen älteren Frauen Mut, die ähnliche Probleme haben. Das schauspielerische Lob gilt aber auch Daryl McCormack als Callboy. Adrett, charmant, einfühlsam spielt er diesen Sexarbeiter ganz und gar als Gentleman und Lustexperte. Er lässt Nancy Zeit, über ihren eigenen Schatten zu springen, baut ihr subtile Brücken und sie lässt sich darauf ein. Ganz langsam nähern sich beide bei ihren Treffen in einem nüchternen Mittelklassehotelzimmer.
Es fällt Nancy sehr schwer ihre Hemmungen zu vergessen. Sie erzählt von ihrer Familie, macht für das zweite Treffen eine Sex-to-do-Liste, worüber beide und auch die Zuschauer letztendlich herzlich lachen.
Er könnte ihr Sohn sein. Umso mehr trifft es ihn, wenn sie ihre Tochter aburteilt und er dadurch an seine eigene traurige Vergangenheit mütterlicher Ablehnung erinnert wird. Eine Wand baut sich auf, als Nancy mit oberlehrerinnenhafter Präzision gegen alle Vereinbarungen Leos Identität recherchiert. Das Projekt Orgasmus scheint zu scheitern. Leo ist in seinem Stolz verletzt und bricht die Treffen ab. Jetzt baut Nancy eine Brücke. Beide haben ihre ganz spezielle Geschichte. Ihre Fähigkeit voneinander zu lernen gibt ihnen letztendlich den Mut zu ihrem Leben zu stehen.
„Meine Stunden mit Leo“ ist über die Sexproblematik hinaus ein zarter, feinfühliger Film, nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Es ist wichtig, den eigenen Körper kennenzulernen, mit ihm zu spielen, Lust zu empfinden, aber das funktioniert eben nur mit Respekt und Verständnis.
Der Film macht Mut sich selbst zu finden. Mit Humor und Parodie gelingt dem künstlerischen Team ein amüsanter Film, der nicht die Sexarbeit, sondern die sexuellen Sehnsüchte der Frauen mit dem richtigen Feingefühl in den Mittelpunkt rückt.
©Filmplakat
Künstlerisches Team: Sophie Hyde (Regie), Katy Brand (Drehbuch), Bryan Mason (Chefkameramann, Chefcutter), Sian Jenkins (Kostüme), Stephen Rennicks (Filmmusik)