Film – „Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm“

schabel-kultur-blog präsentiert Film Kritik Mackie Messer

Das gilt genauso für Joachim A. Langs Film „Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm“. Das klingt wie eine Dokumentation, ist aber ein Unterhaltungsfilm im Stil des epischen Theaters mit ständigen Verfremdungen und distanzierenden Brüchen, für Brecht-Kenner und Oberstufenschüler eine Fundgrube von Zitaten und latenten Anspielungen auf Brechts Leben. Umringt von schönen Frauen, deren Ideen er genauso wie die fremder Dichter einfach für sich vereinnahmte, fehlte es Brecht nie an Selbstbewusstsein. „Sie können davon ausgehen, dass ich  eine sehr einzigartige Meinung von mir habe,“ charakterisiert er gleich zu Beginn des Films leicht selbstironisch.

©Wild Bunch/Stephan Pick

Regisseur Joachim A. Lang, der über Brechts episches Theater promovierte,  spannt gekonnt den Bogen von der theatralen Uraufführung der „Dreigroschenoper“ bis zur karikierenden Filmgroteske unserer Tage.

Wenn Max Raabe vor dem ehemaligen Berliner Brecht-Theater am Schiffsbauerdamm anfangs und am Schluss die Moritat von Mackie Messer an der Drehorgel singt, gelingt die Visualisierung, was Brecht  schon beim der Produktion des Films bitter erleben musste. Die Kunst hat keine Chance gegen das Großkapital. Wenig hat sich geändert, nur die Optik, das Tempo der Ausbeutung.

Der Film im Film

Chaos herrscht auf der Bühne einen Tag vor Brechts  Uraufführung. Brecht, von Lars Eichinger süffisant distanziert, sehr heutig gespielt, will  mit seiner neuen Art von Oper die völlige Verblödung des Publikums verhindern. Man befürchtet einen Flop und die „Dreigroschenoper“ wird ein riesiger Erfolg, so der Vorspann. Brecht bekommt das Angebot die „Oper“  zu verfilmen.

Unter der Regie Brechts entsteht der Film im Film. Brecht erzählt in epischer Manier sein Drehbuch. Aus vergilbten Fotografien entwickeln sich famose Szenen aus den 30er Jahren, dazwischen als roter Faden Brechts Kommentare zum Sinn und Wesen der Kunst, die heftige Auseinandersetzungen mit dem Filmproduzenten produzieren. Der will die „Dreigroschenoper“ maßstabsgetreu als Filmhit, das, was das Publikum gewöhnt ist, Brecht will eine radikale und pointierte Weiterentwicklung der gesellschaftlichen Veränderungen zeigen. „Die Zuschauer sollen nicht glotzen, sondern sehen.“

Brecht verlegt den Film nach London, wie man es aus Kriminalgeschichten kennt, arrangiert Szenen zwischen kitschiger Romantik mit „Liebe auf den ersten Griff“ und der gezielten     „bettelnden Verhässlichung der 14 Londoner Distrikte“ durch Pechums Bettlerschar.

©Wild Bunch/Stephan Pick

Ein Vollmond? Es müssen schon zwei sein, um das Publikum auf kritische Distanz zu halten. Doch es ist nicht mehr als ein amüsanter Gag.

Es kommt zum Bruch zwischen Brecht und Produzenten. Der Film erscheint 1931, aber nicht in der Brechtschen Version. Aber im Kopf dreht  Brecht den Film, Joachim A. Lang lässt gleichzeitig durch politische Szenen die um sich greifende  Nazifizierung  aufleuchten. Mackie Messer (Tobias Moretti), der Gangsterboss, wird Chef eines Bankenuniversums unserer Zeit, seinen Banditen als nicht minder abhängige Manager und Bettlermanager Peachum (Joachim Król)  koaliert mit dem Polizeichef. Die Macht-Mafia bleibt erhalten. Brecht geht ins Exil.

In weiteren Rollen: Hannah Herzsprung, Joachim Król, Claudia Michelsen, Britta Hammelstein, Robert Stadlober, Peri Baumeister, Christian Redl, Meike Droste, Godehard Giese

Michaela Schabel