Film – Girl Gang

Filmkritik "Girl Gang" präsentiert von ww.schabel-kultur-blog.de

©Rise and Shine Cinema

„86 Prozent der befragten Jugendlichen wollen eine Karriere als Influencerin machen.“ „80 % aller Brands setzen auf Influencer.“ „Bis zu 15000 € werden pro Video gezahlt.“

„Girl Gang“ beginnt mit Sequenzen hysterisch kreischender Teeny-Fans von Leoo, wie sie sich im Internet nennt. Sie setzt die Maßstäbe, wie man sich schminken und anziehen soll. Ohne Leoo können sich diese Teenys  ihr Leben gar nicht mehr vorstellen. „48 Prozent fühlen sich von ihrem Social Media-Idol mehr verstanden als von Freunden“.

Die Kamera begleitet die Familie durch den dornigen Alltag mit viel Action ohne Einnahmen, nur das engelhafte Gesumme des Soundtracks sorgt für himmlische Karrierevisionen. Die scheinen sich mit Leoos zunehmender Publicity zu realisieren. Die Sehnsucht nach einem besseren Leben entwickelt Suchtpotential. Immer mehr ist die Devise. Leoo ist als Influencerin talentiert und arbeitet hart, pusht sich ständig noch ein Stück weiter. In der engen Wohnung inszeniert sie jeden Tag bis tief in die Nacht ihre Videos. 4 bis 5 Stunden ist sie täglich online, dann über 12 Stunden.. Als Instagram den Kontakt zu ihrer Freundin sperrt, geht für diese die Welt unter. Doch sie findet eine neue, mit der sie sich jeden Tag treffen kann und dabei aufblüht. Leoo lebt dagegen mit zunehmendem Erfolg immer isolierter, wird  mit Häme konfrontiert, auch wenn die Mutter versucht alle kritischen Kommentare zu löschen. Der Vater baut einen Online-Shop auf. Er liebt sein neues Leben, den Traum der Tochter zu realisieren. Für ihn braucht Leoo keinen Ausgleich, „weil das ihr Leben ist, und bräuchte sie einen Ausgleich, wäre das nicht Leoos Leben.“

Die Mutter fühlt sich immer unwohler in ihrer neuen Rolle, in der ihre eigenen Bedürfnisse ganz zu kurz kommen. Leo zeigt Erschöpfungszustände, reagiert immer öfter aggressiv, hat Zukunftsängste. Trotzdem ist es für Leoo das beste Leben, das sie sich vorstellen kann. Umgekehrt macht schon der Gedanke „Wir müssen liefern“ alle krank. Der Soundtrack wird trauriger, aber die Geschichte endet undramatisch.

„So nahm das Leben seinen Lauf, und das Mädchen und die Eltern lebten glücklich und zufrieden am Rande der Stadt. Nur ein alter Traum kehrte immer wieder, von einem schönen warmen Ort, ohne schwarzen Spiegel“.

Mit dieser märchenhaften Umklammerung und der Kontrastfigur von Leoos Freundin wird „Girl Gang“ zur poetischen Metapher und letztendlich zum Plädoyer für ein Leben mit Mitmenschen statt mit retuschierten Handyabziehbildern. 

Künstlerisches Team: Susanne Regine Meures (Drehbuch, Regie, Chef-Kamerafrau),  Katja Dringermann (Chef-Cutterin)

„Girl Gang“ ist ab morgen,  20. Oktober in den deutschen Kinos zu sehen.