Berlinale – Carla Simóns „Alcarrás“ – ein wehmütiges Porträt über den Wandel ländlicher Strukturen

Berlinale Carla Simßons "Alcarrás" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©72. Internationales Filmfestival Berlin, Avalon Distribución Audiovisual

Es sind die drei Kinder, die in ihrer Spielfreude ständig für ein Lächeln sorgen. Iris fällt immer etwas Lustiges ein und die beiden Zwillingsbuben machen fröhlich mit. Wenn man ihnen ihre kreativen Spielorte aus arbeitstechnischen Gründen wegnimmt, spielen sie auch mal mit Salatköpfen Ball. Iris hilft liebevoll bei der Ernte und beerdigt die toten Hasen wie der afrikanische Hilfsarbeiter, den sie in seinem stillen Ritual genau beobachtet. 

Carla Simón weiß die richtigen Akzente zu setzen, um wie in einem Puzzle die strukturellen Veränderungen vor Ort in Alcarrás zu einem Symbol für globale Veränderungen zusammenzufügen.

Jeder in der Familie ist anders, aber es gibt ein gemeinsames Ziel, den Erhalt der Pfirsichplantage. Aber das Land ist verloren, weil kein Kauf- und damit kein Eigentumsnachweis mehr da ist. Per Handschlag ein Geschäft zu bestätigen wie zu Zeiten des Großvaters hat keine Rechtsgültigkeit mehr. So kämpft der Sohn Qumet verzweifelt, um wenigstens die letzte Ernte einzubringen und alle helfen mit, selbst der Großvater. Mit den Alten im Dorf Karten zu spielen, bleibt ein einmaliger Versuch. Er fühlt sich am wohlsten zwischen den Pfirsichbäumen, auch sein Enkel Roger, der wie ein Stier schuftet, von seinem Vater jedoch nie Lob, sondern Belehrungen bekommt mehr zu lernen.

Dem fröhlichen Geburtstagsfest des Großvaters folgt nicht nur am Himmel ein Gewitter. Die große Familienspaltung beginnt, als der Schwager auf den Zug der Solarmodule aufspringt, weshalb die Kinder nicht mehr miteinander spielen dürfen. Als Qumet die Ernte von Rogers heimlich im Feld gezüchteten Cannabispflanzen verbrennt und der Sohn daraufhin die Pfirsichplantage flutet, kehrt auch zwischen Vater und Sohn Funkstille ein. Allein der Abschied von der Plantage rückt alle wieder zusammen. Arbeitsteilig wecken sie in einer familiären Großaktion Pfirsiche ein, eine treffliche Metapher für die Konservierung einer Zeit, die es weder mit diesem Aroma noch in dieser fröhlichen Unbeschwertheit künftig geben wird.