©Michaela Schabel
Der interessierte, kritische Besucher kann viel entdecken, je nach Perspektive nicht nur Erfreuliches. Während Außenminister Cem Özdemir die anvisierte staatliche Kategorisierung für das Tierwohl in den höchsten Tönen lobt, wird sie von der Initiative Tierwohl sehr kritisch gesehen. Was ist ein Label wert, wenn keine Kontrollen erfolgen? Werden damit nicht die privatwirtschaftlichen Labels ausgehebelt? Die Anforderungen an die Lebensmittelproduzenten werden durch die Problematik von Klimawandel, Energiekosten, Reduzierung der landwirtschaftlichen Nutzflächen und die corona- und kriegsbedingte Inflation immer höher. Der Biosektor erlebt zur Zeit einen enormen Einbruch, weil die Verbraucher auf preiswertere Waren ausweichen. Zu widersprüchlich sind die politischen Entscheidungen, zum einen wurde durch die Unterschreibung des Freihandelsabkommens die Globalisierung vorangetrieben. Jetzt will man wieder zurück zur Regionalisierung.
Davon ist freilich auf der Messe wenig zu spüren. Hier lässt man es sich schmecken, wenn auch die kostenlosen Snacks nur noch selten sind. Man kann es der Nahrungsmittelproduktion nicht verdenken. Die Produktionskosten sind enorm gestiegen.
Die Vielfalt der Produkte ist einmalig. Man probiert Algenplätzchen, die man leider nur online bestellen kann, Fisch, der sich allerdings als Sojaprodukt erweist, trinkt Rotwein ohne Alkohol auf Saftbasis, entdeckt Vollmilchschokolade mit reduziertem Zuckeranteil, vier Monate lang gereiften Parmesan, marokkanisches Kleingebäck, Tulsikraut aus einer kleinen Bauerngemeinschaft aus West-Bengalen und kann den Teller gleich mitessen.
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Wenn man sich nicht nur auf den Geschmack verlassen will, muss man nach der Qualität bei jedem Produkt einzeln nachfragen. Eine Bio-Halle wie vor Corona gibt es nicht mehr. Nicht jeder Verkäufer ist so ehrlich wie der Usbeke, der empfiehlt die verführerisch orange leuchtenden getrockneten Aprikosen wegen des Phosphors vor dem Essen abzuwaschen. Die dunklen, nicht so ansehnlichen Aprikosen könne man dagegen sofort essen. Nicht nur Georgien wirbt mit gigantischer Plantagenwirtschaft, von der wir eigentlich wegkommen wollen. Aber der Welthunger ist groß, das Verbraucherverhalten ändert sich, weniger einheimisches Obst, lieber exotisches.
Dessen ungeachtet wird in den Hallen fröhlich gefeiert. Das können die Bayern wieder einmal am besten. „Bayern ein Genuss“ ist das bewährte Motto für bierzeltartige Stimmung zwischen bayerischer Volksmusik, Alphörnern, Goißlschnalzern und einem Bus voll angereister Trachtler, nicht zu vergessen das Bier.
Die Eröffnung durch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey erfolgte dagegen zwei Hallen weiter in Mecklenburg Vorpommern.
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Ihre Begrüßungstour führte über drei Stunden über verschiedene europäische und orientalische Länder mit extrem unterschiedlichen Kulturen, Produkt- und Produktionsweisen bis zur Blumenhalle, die mit Tulpenfeldern auf hügelig angelegtem Gelände vor Fototapeten wie eine kleine Oase der Ruhe wirkt. Insgesamt bringen auf dem Messegelände 100000 Blüten, Blumen und Pflanzen Natur mit ein. Manches Beet muss noch erst erblühen.
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Weitere Höhepunkte für das Publikum sind die Tierhalle, der Reitsport in der Hippologica, technologische Entwicklungen und verändertes Konsumverhalten infolge des Klimawandels.