©Braus Verlag, Peter Haefcke, Michael Pasdzior
So titelt Dieter Staaken, Maler, Grafiker und Schriftsteller, nicht zu Unrecht sein umfangreiches Vorwort mit „Zweimal Ostseeküste“, einmal in Farbe und einmal Schwarz-Weiß. Beide Fotografen gehen eigene Wege, weg von touristischen Motiven, Dokumentation und Reportage. Den unwiederbringlichen Augenblick wollen sie einfangen. Danach richten sich Proportionen und Perspektiven, Schärfe oder beabsichtigte Unschärfen, Farbkontraste und Grauabstufungen. Nebensächliches rückt plötzlich in den Mittelpunkt ganz nach dem Motto „Kunst spiegelt nicht Sichtbares, sondern macht sichtbar“, und zwar dann, wenn der Fotograf den richtigen Moment genau antizipiert und mit präziser Technik umsetzt.
Peter Haefcke erzielt durch den Verzicht auf Farbe eine geheimnisvollere und ästhetischere Abstraktion als dies mit Farbe möglich ist. Er malt mit der Kamera entlang der Genres der Kunstgeschichte. Mit Unschärfen zaubert er romantische Landschaften. Spiegelungen zerbrechen Motive kubistisch. Durch extreme Belichtungen leuchten Gesichter im Umfeld alltäglicher Beschäftigungen hyperrealistisch, mit faszinierendem Charisma auf.
Durch extrem feine Grauabstufungen steigert Peter Haefcke das Atmosphärische. Durch harte lineare Kontraste und lichte Flächen entwickelt er erhabene Landschaften, die durch subtilste Strich- und Lichtführung wie „Im Klützer Winkel“ eine märchenhafte Magie entwickeln.
Michael Pasdzior, gelernter Dia-Fotograf, ist Spezialist Bildausschnitte zu optimieren. Seine Farbbilder sind wie Kurzgeschichten mit offenem Anfang und Ende, Impuls für den Betrachter eigene Assoziationen zu entwickeln. Im Normalen weckt Michael Pasdzior durch skurrile Details Verfremdungen. Durch Reduktion und lineares Formgefühl entstehen neue Harmonien. Der Mensch degeneriert angesichts weiter Landschaften oft zu völliger Unbedeutsamkeit oder löst sich wie auf dem gold schimmernden Steg ins Meer bei Heiligenhafen in eine nebulöse Silhouette auf. Motive, durch Bild im Bild gedoppelt, ergeben im Vergleich schmunzelnde Parodismen, wenn ein Rehkitz, auf die Wand eienr öffentlichen Toilette im Wald gemalt, plötzlich riesengroß dasteht, oder naiv gemalte Strandidylle auf der Fischerhütte auf ein ruhiges Schilfufer trifft.
Der Bildband „Ostseeküste“ macht Lust auf die Suche nach den Motiven vor Ort. Finden wird man sie kaum, und wenn, dann nur vage. Umso mehr beflügeln die Fotografien die eigene Kreativität.
©Braus Verlag, Peter Haefcke, Michael Pasdzior
Peter Haefcke, Michael Pasdzior: „Ostseeküste, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, Braus Verlag, Berlin 2021. 217 S.