Giora Feidmann „Der Klang der Hoffnung – Wie unsere Seele Frieden findet.

Buchrezension Giora Feidmann "Klang der Hoffnung" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Bonifatius Verlag, Giora Feidman

„Mein Name ist Giora Feidman. Die Musik ist mein Beruf. Ich spiele Klarinette.“  Sachlich, unaufgeregt, prägnant und essentiell schreibt Feidman, worum es ihm in seinem Leben geht. 85 Jahre ist er alt. Inzwischen hat er zehn musikalische Enkel. Die Klarinette entdeckte er schon als Kind. Sein Vater, ein bekannter Klarinettist in Buenos Aires lernte es ihm. Bald traten sie gemeinsam auf. Als Giora Feidman im Teatro Colona engagiert wurde, begann seine Karriere als Musiker. 21 Jahre jung wechselte er ins Israel Philharmonic Orchestra mit weltweiten Gastspielen. 

Feidman bezeichnet sich nichtsdestotrotz heute noch als Amateur. Technische Perfektion, das Verwalten von Originalen interessierten ihn nie. Egal was er spielt, und er spielt querbeet alles, immer will er die Musik mit der Seele erfühlen. Er führt ein Stück nicht auf, sondern lässt die Seele schwingen, spielt nicht Mozart, sondern Feidman, wie er leibt und lebt, einen Mozart, wie Feidman ihn fühlt. Das spürt das Publikum und ist nach wie vor bei jedem Konzert begeistert. Spielen ist für Feidman ein Dank an den Schöpfer, an Gott, sein Talent sieht er als Aufgabe, den Menschen Liebe, Hoffnung und positives Lebensgefühl zu bringen.

In elf Kapiteln blickt Feidman auf sein Leben zurück. Aktuelle Probleme, die Digitalisierung des Lebens oder die Palästinserfrage streift er nur am Rande und lässt dabei immer wieder seine vom Jüdischen sehr geprägte optimistische Lebensphilosophie einfließen. Die Hoffnung behält Oberwasser. 

Geprägt hat seine Seele sehr stark die Kultur der Großväter in Bessarabien, dem heutigen Moldavien, wo sein Vater und seine Mutter im Schtetl aufwuchsen, einer freieren osteuropäischen Version jüdischer Ghettos. Dort konnten die Juden relativ selbstbestimmt leben. Der Großvater spielte mit den Zigeunern bei den Hochzeiten auf. Diese Klezmermusik, heute identitätsstiftend für Israel, machte später Giora Feldman von einem Tag auf den anderen durch eine spontane Aufnahme in einem Tonstudio weltberühmt. 

Für Feidman ist Musik eine universelle Sprache. Je einfacher sie ist, desto mehr Menschen finden zu ihr Zugang. Es kommt auf den Interpreten an wie bei Lennon-McCartneys Song „With a little help from my friends“,  das  Joe Cocker durch seine rauchig heißere Stimme in einen mitreißenden Blues verwandelte.

Feidman offenbart großzügig, was ihn ausmacht. Die Neugier ist der Motor seiner persönlichen und künstlerischen Entwicklung. Er empfiehlt sich sorgfältig die  Wegbegleiter auszusuchen, denn sie prägen das eigene Denken und Handeln. Bäume, insbesondere der 600 Jahre alte Olivenbaum in seinem Garten sind ihm Sinnbild menschlicher Vergänglichkeit. Menschen sind nur auf einer zeitlich sehr begrenzte Pilgerreise auf der Erde. Deshalb reist Feidman auch er gerne. Er spricht vom „Vom Glück des Reisens“. Das Unterwegssein unterstreicht, dass man noch nicht angekommen ist. Um allerdings gut zu reisen, muss man in jeder Situation, an jedem Ort einen guten Schlaf haben, man muss offen und tolerant für das Fremde sein. 

©Bonifatius Verlag, Giora Feidman

Im Kapitel „Kraft zur Versöhnung“ spürt Feidman noch einmal dem Holocaust nach. Vergeben heißt für ihn nicht vergessen, sondern  aus dem Grauen zu lernen, das  Gemeinsame zu finden und daraus Hoffnung zu schöpfen. Sein Betrag dazu ist die Musik. In dem Film „Schindlers Liste“ konnte er durch seine Musik historische Fakten emotionalisieren. Die Krönung seiner Versöhnungsakte mit dem Holocaust waren 160 Aufführungen von Peter Zadeks Inszenierung „Ghetto“, bei denen er als Musiker mitwirkte. Die heutige Beziehung zwischen Juden und Deutschen ist für Feidman „ein leuchtendes Beispiel für eine positive Entwicklung“. Das wünscht er sich für das jüdisch-palästinensische Verhältnis, sein einziger Kommentar zu dieser Problemlage. Musik lässt Gegensätze zusammenschrumpfen. Entscheidend ist dem Schmerz der Vergangenheit keine Macht über die Zukunft zu geben.

Im letzten Kapitel „Ein Schritt in die Unendlichkeit“ wird Feidman spirituell und kommt durch Wiederholung der wesentlichen Gedanken wie bei einem Da Capo zur Coda. Über die Musik findet der Mensch den Klang seiner Seele und seine Heimat. Damit sich Klang der Seele entfalten kann, ist Stille notwendig. Feidman erweist sich im Buch Botschafter der Hoffnung als Klarinettist als „Glücksbotschafter“.

Buchrezension Giora Feidmann "Klang der Hoffnung" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Bonifatius Verlag, Giora Feidman

Giora Feidman mit Christoph Fasel „Der Klang der Hoffnung – Wie unsere Seele Frieden findet“, Bonitatius Verlag, Paderborn, 2021,  192 S.