Dr. Lucy Pollock „Das Buch über das Älterwerden (für Leute, die nicht darüber sprechen wollen)“

Buchkritik von Lucy Pollock "Das Buch über das Älterwerden" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Dumont Verlag

Mit vielen, sehr persönlich dargestellten Fallbeispielen zeigt Lucy Pollock, wie mit man mit offenen Gesprächen, Ehrlichkeit und Empathie immer wieder eine Lösung finden kann. Sie geht auf die typischen Problemsituationen im Alter ein und zeigt Möglichkeiten für Verhaltensänderungen. Eine achtsame, respektvolle Sprache ist dabei enorm wichtig, um Vertrauen aufzubauen und über Tabus wie Demenz oder Inkontinenz  sprechen zu können. Entscheidend ist, dass die alten Menschen miteinbezogen werden, dass sie sich bewusst werden, wie sie mit ihren Beschwernissen und Krankheiten umgehen wollen.

Wer sich grundsätzlich nicht so viele Sorgen macht und über eine ordentliche Portion Humor verfügt, der ist gut aufgestellt, wenn die Herausforderungen des Lebens größer werden. Wir können selbst mitbestimmen, wie wir altern. Doch selbst bei guter Ernährung und Bewegung lässt sich die „komprimierte Morbidität“ mit ihren Gebrechen und Erkrankungen im Alter nicht verhindern. Die Selbstständigkeit wird allerdings nicht nur von ÄrztInnen bestimmt, sondern in erster Linie von den Betroffenen selbst, indem sie einfach mit dem Leben weitermachen. Dazu gehört aber auch eine gewisse Flexibilität wie der rechtzeitige Wohnungswechsel, Alternativen, wenn man nicht mehr Auto fahren kann und das Wissen um die Vorteile neuer Technologien. Ganz wichtig ist ein Arzt des Vertrauens, der die Komplexität der Medikation berücksichtigt und die Nachteile von Medikamenten gegen die Vorteile abwägt,  nur das Notwendigste verschreibt, weiß, was man nicht tun sollte. Zu oft passiert es, dass neue Erkrankungen diagnostiziert werden, ohne dass sie als Nebenwirkungen erkannt zu werden, so dass  Krankheiten immer mehr kulminieren. „Bestimmte Dinge müssen nicht unbedingt in Ordnung gebracht werden“, so Lucy Pollock. Ein Studie belegt, dass über 100-Jährige nur wenig diagnostizierte Erkrankungen haben. 

Lucy Pollocks Fallbeispiele sind ausführlich, sehr im Alltag verortet und gerade deshalb überzeugen sie.

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©Kelly James

Sie demonstriert an Patienten, die bis zu 20 Medikamente nehmen, wie man sie reduzieren kann, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass man nie ohne ärztliche Begleitung Medikamente absetzen sollte. Sie erklärt, wieso Tabletten gegen Reizblase oder Schlafmittel Demenz verstärken können. „Es geht immer um das richtige Gleichgewicht“,  letztendlich auch um die Frage, woran bzw. wie man sterben will. Deshalb muss der Patient selbst wissen, was ihm das Wichtigste ist.

Offene, ehrliche Gespräche mit Ehepartnern und Kindern, Patientenverfügungen, liebevolle Hilfe beim Ausfüllen von Formularen sind im Vorfeld wichtig, dass später die richtigen Entscheidungen getroffen werden, immer unter dem Aspekt „Was ist mir wichtig“.

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©Dumont Verlag

Dr. Lucy Pollock „Das Buch über das Älterwerden – für Leute, die nicht darüber sprechen wollen“, Dumont Verlag, Köln, 352 S.