©Ullstein Verlag
Nur der Hund Luchs ist an ihrer Seite geblieben. Sie hat drei Möglichkeiten, sich umzubringen, wofür sie nicht mehr jung genug ist, sich unter der Wand durchzugraben, ein hoffnungsloses, wahrscheinlich tödliches Unterfangen oder zu überleben. Sie beginnt ihr Leben zu akzeptieren, entdeckt, dass jeder Weg an der Wand endet, dass das Bauernehepaar in der Nachbarschaft tot ist. Eine tragende Kuh läuft ihr und eine trächtige Katze. Die Tiere sind jetzt ihre Familie. Jedes Tier, der kleine Stier, die Kätzchen Perle und Tiger, bringen neue Verantwortung, der sie sich nicht entziehen kann und den Tagesablauf bestimmen. Gleichzeitig gibt ihr die Liebe zu den Tieren Halt und Haftung, die Kraft zum Weitermachen. Sie arbeitet Tag für Tag hart bis zur Erschöpfung, melkt die Kuh, macht Holz, baut Kartoffeln und Bohnen an, erntet das Heu. Aus der femininen 40-jährigen Stadtfrau wird eine rustikale Bäuerin. „Aus dem alten Ich wird ein neues Ich“, das sich tapfer durch die Jahreszeiten kämpft, den Sommer auf der Alm spartanisch auf einer Almhütte verbringt, damit Kuh und Stier weiden können. In der Natur beginnt die Frau ihr ursprünglich sehr narzisstisches Ego zu reflektieren und sich Weihnachten den qualvollen Erinnerungen zu stellen. „Wir jagen einer Bedeutung nach, die es gar nicht gibt“. Sie erlebt Urerfahrungen zwischen gierigem Hunger, körperlichen Schmerzen, physisch und psychischer Erschöpfung, Gebähren und Töten, und noch mehr Einsamkeit, als nach drei Jahren ein völlig verwilderter Fremder plötzlich auftaucht, ihren Hund tötet und sie den Mann erschießt. An einem Februartag hört die Frau zu schreiben auf, weil kein Papier mehr da ist. Aber sie wird weiterarbeiten für ihre Tiere, die sie liebt, solange sie lebt.
Ganz schlicht und sachlich schreibt Marlene Haushofer diesen Roman ohne dramatische Aufblähung. Die Situationen wiederholen sich chronologisch in der Rhythmik der Jahreszeiten, nur ab und zu erfolgt ein Perspektivwechsel, der auf den Tod von Tieren vorausweist und neugierig macht. Ereignisse werden nicht geschildert, sondern als Fakten lakonisch konstatiert, nicht die Ursachen, nur die Folgen benannt und genau deshalb wird „Die Wand“ zur großen Metapher sozialer Isolation, unter der gerade in Zeiten der Pandemie viele Menschen leiden.
Mit Martina Gedeck in der Hausrolle wird die Verfilmung zum Ereignis, siehe www.schabel-kultur-blog.de/category//kino.
Marlen Haushofer: „Die Wand“, Ullstein Verlag ´, Berlin 2012, 276 Seiten
D