Benedict Wells „Vom Ende der Einsamkeit“

Buchkritik "Am Ende der Einsamkeit" von Benedict Wells präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Diogenes Verlag

Jules liegt wegen eines Motorradunfalls im Krankenhaus. Nach zwei Tagen erwacht er aus dem Koma. Langsam findet er seine Orientierung wieder und taucht ab in seine Erinnerungen. Sein ganzes bisheriges Leben zieht vorbei. Die einstige Familienidylle, die er erst nach dem Tod der Eltern erfasste, die Bewunderung für die Mutter, Streitsituationen mit dem sich immer mehr zurückziehenden Vater, mit der bezaubernden Schwester, die es schon als Kind genoss im Mittelpunkt zu stehen und dem schrulligen Bruder, überaus wissbegierig mit Tendenz zum individuellen Einzelgänger. Er selbst war ein mutiges Kind, das vor nichts Angst hatte. Doch im Internat beginnen sich alle drei zu verändern.

Sehr subtil beschreibt Benedict Wells, wie sich junge Menschen psychisch einmauern, sich zwar am Blick als Seelenverwandte erkennen und doch nicht im richtigen Moment die Türen öffnen können. Verlusterlebnisse regenerieren Ängste und Einsamkeiten, Schweigen und Selbstzweifel Frustrationsverhalten und menschliches Unvermögen.Talente gehen verloren. Jules und seine Schwester Liz werden aus der Bahn geworfen. Nur Marty, dem unmöglichen großen Bruder, gelingt der Spagat vom unsympathischen Nerd zum erfolgreichen Geschäftsmann, wird Professor und Familienvater. Jules´Leben verändert sich, als er Alva kennenlernt. Ihre Freundschaft wird zum roten Faden des Romans, unterfüttert vom Rat des Vaters als Vermächtnis. Allein „Wichtig ist, dass du im Leben einen Freund findest“.

Jules und Alva brauchen viele Umwege, bis sie endlich ihre Bestimmung wenigstens für ein paar Jahre leben können. In ihren Kindern spiegelt sich noch einmal die Familiengeschichte, aus der Jules letztendlich die Kraft bezieht ein guter Vater zu werden. Ganz ohne Pathos, extensiv in den menschlichen Beziehungen und doch ganz präzise erzählt „Vom Ende der Einsamkeit“, worauf es im Leben ankommt, egal ob man Nihilist oder religiös ist, Reflexionen, die immer wieder einfließen. 

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©Diogenes Verlag

Benedict Wells selbst wuchs in Internaten auf und begann nach dem Abitur nach Berlin zu ziehen und zu schreiben. Er ließ seinen bürgerlichen Namen nach seiner Schulzeit amtlich ändern, um die Eigenständigkeit seiner literarischen Entwicklung zu bewahren, und nicht mit seinem Großvater Baldur von Schirach und seinem Cousin, Strafverteidiger und Schriftsteller Ferdinand von Schirach in Verbindung gebracht zu werden. Sein Nachname ist insofern kein Pseudonym, sondern sein offizieller Name, den er nach der Romanfigur Homer Wells aus John Irvings Buch John Irvings „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ wählte. John Irving war mit ein Grund, dass Benedict Wells zu schreiben begann.  

Benedict Wells „Vom Ende der Einsamkeit“, Diogenes Verlag AG Zürich, 2016

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