Beate Hausbichler „Der verkaufte Feminismus: Wie aus einer politischen Bewegung ein profitables Label wurde“

Buchbesprechung "Der verkaufte Feminismus" von Beate Hausbichler präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Residenz Verlag

Warum wird der Feminismus seit einigen Jahren von denen umarmt, gegen die der Feminismus zielt? Maßlos überprivilegierte Frauen wie Ivanka Trump, Christine Lagarde und Königin Maxima bezeichnen sich als Feministinnen, Schönheitsindustrie, Mainstream-Medien, Kulturindustrie und Eliten vermarkten auf ihre Weise den Feminismus zur Profitmaximierung. 

Beate Hausbichler geht es darum, inwieweit das Label „Feminismus“ die politische Bewegung unterminiert, eine Bewegung, deren Ziel es ist die bestehenden Diskriminierungen abzuschaffen. Sie zeigt, wo der marktförmige Feminismus in Umarmung mit dem Neoliberalismus kritische politische und soziale Entwicklungen abwürgt, statt solidarisch zu wirken. Hinter dem teilweise feministischen Vokabeln und Labels verschwinden die sozialen Fakten der Benachteiligung, schlechtere Gehälter, ungerechte Arbeitsverteilung bei den tagtäglichen Arbeiten Hegen, Pflegen und Putzen und den höheren Mordquoten.

Feminismus und Konsum waren immer schon ein Paar. Wer willst du sein? Die Antworten sind heute diverser und die Konsumgüterindustrie reagiert mit immer neuen Produkten. Die strenge Drinnen-Draußen-Dichotomie zwischen Frau und Mann der 1960er Jahre weitete sich in den 70er Jahren um das Klischee der selbstbewussten, reichen Frau im Hosenanzug. Die Frage, wie Mann und Frau sein können, wurde zwar immer differenzierter, tradieren jedoch nach wie vor die geschlechtertypischen Klischees. 

Feminismus kämpfte mit „My Body. My Choice“ für Schwangerschaftsabbruch und freie Lebensplanung. Procter & Gamble machte daraus die Wahl zwischen Produkt A und B, um bestimmten Konsum- und Modeklischees genau zu entsprechen. Negativ besetzte Wendungen wie „Like a Girl“ wurden als Werbeslogan für die Slipeinlagen „Always“ mit neuen Botschaften aufgeladen. Mädchen als Siegerinnen. Es geht dabei natürlich nicht um Emanzipation, sondern um Umsatz und Aufmerksamkeit durch die Inhalte der Emanzipation.

Soap Operas wie „Reich und schön“ (1987- 2012) passten sich an, seicht, leicht neben der Hausfrauentätigkeit konsumierbar. Die Frauen im Mittelpunkt zeichneten sich ganz traditionell durch mütterliche Eigenschaften aus, hatten aber zusätzlich die Führungsqualität, das Familienunternehmen zusammenzuhalten. Geschätzte 450 Millionen Menschen sahen diese Serie. Aber auch dieses neue Frauenbild hatte nur das Ziel neue Konsumentengruppen zu schaffen. Erst in der Umdeutung durch die Konsumenten ergab sich feministisches Denken.

Gegendertes Konsumverhalten wird immer vielfältiger, wie man in den Abteilungen der Kinderbekleidung sieht und grotesker mit weiblichen Eissorten wie „La Twinna“ oder Genderisierung der Nomen mittels Sternchen, Doppelpunkt oder großem „I“.

Frauenmagazine verpacken alte Werte in neue Narrative mit neuem Vokabular. Frau muss nicht nur sexy, sondern auch stark und smart sein, was nur durch extreme Selbstoptimierung gelingen kann, die die Frau individuell zu leisten hat, ohne dass sich gesellschaftlichen Bedingungen ändern. 

In der Kultserie „Sex in the City“ (1998 – 2004) versuchen vier erfolgreiche Frauen ihre Karriere mit der romantischen Liebe mit vielen Kompromissen in Einklang zu bringen. In neueren Serien wie „Good Wifes“ (2009-2016) geht es weniger um die Liebe als darum ein gutes Familienleben mit dem Beruf zu vereinen. Auch im Film werden Frauen adäquat zum amerikanischen Traum zu Heldinnen, die alles schaffen, wenn sie nur wollen. Auch hier liegt der Akzent auf der individuellen Lösung statt sozialer Gerechtigkeit. Noch immer gibt es in den USA keine Auszeit bei Schwangerschaft und Geburt eines Kindes.

Über die sozialen Medien schob sich zwar die #MeToo-Bewegung das Thema der sexuellen Belästigung ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit, ansonsten sind aber soziale Medien ein feministischer Albtraum, weil man durch die  hinterlegten Daten mit gendergerechter Werbung zugemüllt wird. Genauso wenig verändern die Frauenclubs die Lage der Frauen. So bietet der „The Wing“-Club in den USA  ein vorzügliches Netzwerk mit viel Vitamin B, aber leider nicht für Coloured People, nur für reiche Weiße, und zwar in etablierten männlichen Strukturen. Frauen in Führungspositionen agieren größtenteils wie Männer. Sie lassen die Gesetze und Systeme unangetastet, um ihren Macht- und Handlungsbereich nicht einzuschränken. Karriere-Feminismus ist ein wichtiges Thema, aber nicht die Hauptstraße, sondern mitunter die ganz falsche Abbiegung in die Gegenrichtung. 

Beate Hausbichlers Buch „Verkaufter Feminismus“  trifft genau in die Mitte des heutigen neoliberalen, identitätsorientierten Lebensstils, wie ihn auch Politikierinnen wie Sarah Wagenknecht kritisieren, viele hippe Sprüche, viel Femvertising, doch wenig strukturelle Änderungen. Vorbilder, Netzwerke, Mentoring-Programme für Mädchen bringen wenig. Der „Choice-Feminismus“, durch individuelle Wahl das Leben zu gestalten, durch Medien und Superstars omnipräsent, verhindert die Solidarität gesellschaftliche Veränderungen durchzuboxen. Entscheidend sind gesetzliche Strukturen und Lohngleichheit.

Buchbesprechung "Der verkaufte Feminismus" von Beate Hausbichler präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Heidi Seybald

Beate Hausbilder wurde 1978 in Reith, Tirol geboren. Sie studierte Philosophie und ist seit 2008 Redakteurin bei der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“, wo sie seit 2014 das frauenpolitische Resort leitet.