©Landshuter Museen
Über 100 Bilderbücher schrieb und illustrierte Marlene Reidel. „Kasimirs Weltreise“ 1958 mit dem Deutschen Jugendbuchpreis, zwei Jahre von der New York Times auf die Liste der „10 besten Bücher“ gesetzt, machte sie mit einem Schlag berühmt. Generationen wuchsen mit Marlene Reidel Bilder- und Kinderbüchern auf. Die Stadt Landshut ehrte sie mit dem „Kasimir-Museum“ und präsentiert jetzt anlässlich ihres 100. Geburtstags die Ausstellung „Seitenweise lesen“ mit Themenräume über ihre berühmtesten Bilderbücher.
Über Malerei, Holzschnittserien, großformatige Linolschnitte, Kirchenfenster und Illustrationen von klassischer und moderner Literatur, als Bühnenbildnerin und Ausstatterin für das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg hätte Marlene Reidel zwar viel mehr Facetten zu bieten, aber ihre fröhlich phantasievollen Kinderbücher, die sie selbst illustrierte, machten sie weltweit bekannt. An die 30 Bücher wurden in andere Sprachen übersetzt, etliche preisgekrönt, Den „Gabriel mit dem Zauberstab“ wählte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels 1964 zu den „Schönsten Büchern des Jahres“ 1964. „Anna und die Weiherhex’“ kam 1977 auf der Internationalen Kinderbuchausstellung in Tokio unter die zehn besten Bücher. Um diese Bücher kreist die Ausstellung
Marlene Landshut wuchs auf einem Einödhof in Oberganghofen bei Landshut auf geprägt von der Natur, den Tieren und den sechs Geschwistern. Aus dieser Welt wollte sie ausbrechen, begann 1943 das Studium an der Akademie der Bildenden Künste, lernte ihren Mann, den Bildhauer Karl Reidel kennen. Fünf Mädchen und einen Sohn hatte sie großzuziehen. Für die Kunst blieb nur nachts Zeit.
©Familie Reidel
„Das war Wahnsinn, was die Mutter geschafft hat“, bekennt Tochter Julia. Das Malen trat in den Hintergrund, dafür wuchs das Geschichtenerfinden für die Kinder. Inspiriert von ihren eigenen Kindern entstanden lebensfrohe Geschichten aus ganz neuen Perspektiven. In „Kasimirs Weltreise“ blickt der kleine Junge vom Mond auf die Welt und plötzlich schrumpft alles ganz eng zusammen und lässt sich so gut überblicken. „Antonia“, benannt nach einer der vier Tochter, als Schauspielerin vom Landestheater Niederbayern bekannt, träumt sich in andere Rollen, was die Tochter später im Leben dann beruflich realisierte. Aus der Vorliebe des Sohnes Franz für Mäuse wurde die Außenseitergeschichte „Der Franz, der hatte Mäuse“.
Marlene Reidels Geschichten über Reisesehnsucht, Freude am Verzaubern, Verwandeln, an geheimnisvolle Entdeckungen, über Freundschaft und Außenseiter sind zeitlos und durch die bunten fröhlich naiv gemalten Bilder für Kinder immer noch attraktiv. Erzählmotiv, Bilder und die Sprache mit ihren fröhlichen Reimen und der bayerischen Sprachmelodie fügen sich zu einem kleinen Kunstwerk. Das schönste Kinderbuch herauszufinden ist schwierig, richtig sich einfach nach den Vorlieben der Kinder. Zu Herzen sprechen sie alle. Sohn Franz schwärmt heute noch vom „Gabriel“, der mit seinem Teppich übers freie Land schwebte und der Obrigkeit immer eins auswischen wollte.
Kuratorin Verena Linseis-Meier präsentiert an Hand der ganz bekannten Bilderbücher eine liebevoll gestaltete interaktive Ausstellung. Kinder können u.a. Bilderbuchseiten zusammenpuzzeln, in der Hexenhöhle träumen und natürlich auch malen. Zusätzlich wurde ein eigenes „Aktivheft“ für Kinder gestaltet.
Die Ausstellung „Seitenweise lesen“ ist im Landshuter Kasimirmuseum noch bis Dezember 2024 zu sehen.