©Oksana Kyzymchuk, Foto: Michaela Schabel
Schon mit dem Titel „Vive la vie“ (Lebe das Leben) verdeutlicht Oksana Kyzymchuk ihr künstlerisches Anliegen. Ihre Bilder sind Antworten auf diesen moralischen Imperativ. Das Leben ist lebens- und liebenswert, wenn Lust auf Zuneigung trifft, Mensch und Natur in Harmonie leben, nicht die Trauer, sondern Hoffnung und Freude das Leben bestimmen. In ihrer neuen Ausstellung, es ist die zweite in der Galerie Kunstwerk, zeigt sie größtenteils neue Arbeiten, größtenteils eigens für die Räumlichkeiten in der Papiererstraße angefertigt, inspiriert von der Bretagne, wo sie dieses Jahr einige Wochen verbrachte. Doch atmosphärisch scheinen die Bilder durch ihre güldene Farbpracht und pulsierende Lebensfreude mehr in südöstlichen Regionen Europas verortet zu sein.
Ohne Skizzen, ohne Vorzeichnen verteilt Oksana Kyzymchuk impulsiv Farbe auf das Papier oder die Leinwand. Dann beginnt sie mit einem figurativen Motiv, woraus sie nahtlos eine Reihe von Variationen in immer neuen Konstellationen, motivlichen Erweiterungen und stilistischen Reminiszenzen entwickelt. Aneinander geschmiegte Gesichter, geneigte Körperhaltungen erinnern an die Poesie Chagalls, die Formensprache an Picassos Deformierungen oder Mirós witzige Abstrahierungen, gepunktete Strukturen an den Pointillismus, von der Ferne an byzantinische Mosaiken, die Augenformen an indigene Exotik, die ornamentalen Umrahmungen an orientalische Opulenz.
Aus der kunstgeschichtlichen Vielfalt kreiert sie ihren eigenen, ganz spezifischen Stil mit lebensfrohen Narrativen, in denen Menschen, Tiere und Planzen sich freudvoll in wirbelnder Dynamik umgarnen und umarmen. Zuweilen entdeckt man je nach Fokussierung auf ein Detail witzig chargierende Vexierbilder ähnlich der Löschachtests.
©Oksana Kyzymchuk, Foto: Michaela Schabel
In Schwarz-Weiß oder in Bunt auf weißem Hintergrund oder flächendeckend in strahlenden Farben ergeben sich ganz unterschiedliche Bildwirkungen. Düsteres Schwarz schimmert nur kleinflächig als Kontrast durch, ohne Düsternis verbreiten zu können. Leuchtend rote Punkte auf Wangen und Busen signalisieren leitmotivisch pure Lebenslust. Blicke und Hände verdeutlichen ein liebevolles Miteinander. Trotz „Abschied“ zeigt ein Paar seine Tiefe Verbundenheit. „Das Goldene Paar“ spiegelt über die Erotik hinaus Seelenverwandtschaft. Im großformatigen Garten „Eden“ weitet sich sinnliche Begierde über die Details in ein Epos über die Harmonie mit der Natur.
Kleine Ausschnitte ihres fröhlichen Lebenskosmos präsentiert Oksana Kyzymchuk als kleinformatige Schwarz-Weiß-Bilder. Auch hier darf der rote Punkt als Symbol der Freude und mitmenschlicher Zuwendung nicht fehlen. Und mit bemalten Austern ermöglicht sie den Besuchern der Ausstellung kleine Mitbringsel als elegantes Merchandising des eigenen Kunstmarketings.
Oksana Kyzymchuks Bilder sind eine Hommage an das Leben und damit die Farben in ihrer Leuchtkraft erhalten bleiben und UV-bedingte Veränderungen verhindert werden, schützt die Künstlerin ihre Bilder mit einer finalen Lackschicht.
Oksana Kyzymchuk studierte Kunstgeschichte mit Schwerpunkt „Bildende Künste und dekorativ-angewandte Kunst“ an der Riwner Hochschule für Slawistik, von 2007 bis 2011 Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie an der Hochschule Mainz. 2016 debütierte sie als Autorin mit „Kindheit unter den Eichen“. Inzwischen blickt sie auf über 60 Einzelausstellungen und Lesungen. Sie lebt und arbeitet in Kassel.
Die Ausstellung „Vive la vie“ ist in der Galerie Kunstwerk noch bis 10. Dezember mittwochs, freitags und samstags von 15 bis 18 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung 01729398268 zu sehen.