©Michaela Schabel
Eine Hommage an Fritz Koenig soll die Ausstellung sein. Seine Kugelkaryatide wurde am 11. September 2001 bei dem Attentat auf das World Trade Center zerstört und rückte damit weltweit ins Bewusstsein der Menschen. Museumsleiterin Alexandra von Arnim knüpft damit an die Erinnerungskultur an, wie sie Fritz Koenig durch seine Epitaphe und Mahnmale pflegte, aber auf ganz andere Art und Weise.
Modell der zerstörten Kugelkaryatide©Michaela Schabel
Andrew Mezvinsky collagiert aus Fotografien, den ersten Skizzen, 3-D-Modell, den Bau der Großen Kugelkaryatide und verfolgt ihren Transport, die Positionierung vor dem World Trade Center inklusive Zerstörung, aus der Vogelperspektive in den Boden versinkend und wieder empor tauchend bis zum jetzigen Standort im Liberty Park. Als Doppelprojektion im rechten Winkel im Cinema-Breitwandformat ist man mit einer trendig sterilen Einführung in Schwarz-Weiß-Optik konfrontiert, die allerdings überhaupt nichts über den künstlerischen und handwerklichen Prozess in der „Kugelhalle“ auf dem Ganslberg und über die Materialität von Fritz Koenigs Kunstwerk aussagt, weder über ihre Expression, ob nun Kopf mit Schutzhelm oder sich drehende Weltkugel noch ihren Wandel von der Brunnenfigur zum Terrormahnmal, wie dies eine 5-minutiger Film vom ARD alpha im Januar dieses Jahres sehr plastisch vor Augen führt.
Noch erstaunter ist man über den eigentlichen Ausstellungsraum. Museumsleiterin Alexandra von Arnim akquirierte eine Reihe von Objekten, die sich mit dem Attentat auseinandersetzen. Es sind Momentaufnahmen. Die Münchner Künstlerin Caro Jost bringt Gipsabdrücke auf den Steinplatten von Ground Zero ein. Beate Passow stickte in „World Stock Market“ Aktienkurse des 12. Septembers auf rosa Rohseide. Das Video „The Blue Man Group“ malt mit goldfarben zu Boden fallenden Blättern und seichter Hintergrundmusik Allerweltssentimentalität. Zwei lichtfunkelnde Fotografien von Werner Leist mit den beiden Türmen des World Trade Center bei Nacht und dazu ein Minimodell in der minderen Optik eines Souvenirs mit einer klitzekleinen, gold schimmernden Kugel als Karyatide zeigen die Facetten mit dem Attentat im Rückblick umzugehen.
Modell der „Großen Kugelkaryatide oder „Sphere“, Fritz Koenig©Michaela Schabel
Dazu kombiniert Alexandra von Arnim Koenigsche Karyatiden-Variationen und zwei Wände voller serieller Zeichnungen der Großen Karyatide, die als Modell im Zentrum des Raums auf einer großen Scheibe positioniert ist. „Ich bin so begeistert von seinen Zeichnungen, dass ich möglichst viele zeigen wollte.“
Variationen der „Großen Karyatide“, Fritz Koenig ©Michaela Schabel
Man kann das natürlich so machen, aber von Koenigs einzigartig künstlerischer Aura ist so rein gar nicht spürbar, noch weniger von der Tragik des Ereignisse.
Ausstellungsraum „9/11 und die Koenig-Kugel“ ©Michaela Schabel
Stattdessen konsumiert der Besucher vieles vom Gleichen in unterschiedlichen Größen, eng drapiert auf Stehlen, in Schaukästen, Kreuz und Doppelkaryatide in äußerst ungünstigen Achsen positioniert, die Bilder in Petersburger Hängung. Koenigs gefaltete Papiercollagen, in denen er schon 1994 die Fragilität von Hochhäusern versinnlichte, werden als Triptychon, verglast mit Spiegeleffekten viel zu hoch gehängt, jeglicher Wirkung beraubt.
„Das Beben“, Papiercollage, Fritz Koenig©Michaela Schabel
Setzt man sich dann noch dem grobkörnigen, unscharfen Video Monika Bravos im Vorraum des Koenig-Museums auseinander, das zufällig in einem Künstleratelier im 91. Stock des World Trade Center wegen eines Sturms und Gewitters gefilmt wurde, kann man sich plastisch vorstellen, wie Fritz Koenig, der Meister der Reduktion, auf eine derartige Hommage reagiert hätte. Weniger wäre viel mehr gewesen als dieser museal konservative Zur-Schau-Stell-Mix.
Doch die Tatsache, dass wieder neue Ausstellungen dieses wunderbare Museum beleben, weist den Weg in die Zukunft. Das Fritz-Koenig-Museum braucht Künstler-Positionen auf Augenhöhe.
Die Ausstellung „9/11 und die Koenig-Kugel“ ist noch bis zum 11. Februar im Landshuter Koenig-Museum zu sehen.