Bildausschnitt ©Willi Siber, Foto: Michaela Schabel
Beide Künstler sind Meister ihres Faches im Umgang mit den Materialien. Willi Siber (*1949 Biberach, Baden-Württemberg) kommt von der traditionellen Holzbilderhauerei. Durch den Einsatz von Lacken, Emulsionen oder gegossenen Epoxidharzen setzte er ganz neue Akzente und wandelte vollkommen die ästhetische und haptische Wahrnehmung dieses Werkmaterials, um seiner Liebe zur Strenge und Klarheit des Minimalismus, aber auch zu überbordender Sinnlichkeit Ausdruck zu verleihen. Beides wird besonders in seinen Tafelobjekten durch konkave und konvexe Verformungen erlebbar, die das Licht nicht nur sanft modellieren, sondern auch farblich verändern. Im Grau beginnt plötzlich ein raffiniert sattes Dunkelrot zu schimmern, wie man es von Rohseide kennt, das sich aus größerer Distanz ausdehnt, sich mit jedem Schritt verändert und dadurch ganz persönliche Erlebnisse mit dem Kunstwerk ermöglicht. In anderen Arbeiten eröffnen konvexe Formen symbolisch Einblick unter die gelackte glatte Oberfläche in geheimnisvoll schimmernde Kristallinstrukturen. Kreisrund in Silber wird ein Tafelobjekt zum Mond. Seine „Bubbles“, kleinere Wandobjekte in strahlenden Farben arrangiert Willi Siber wie den Ausschnitt einer kostbaren Kette. Die noch kleineren „Pellets“, 15 x 7 x 10 cm, fügt er zu einem bunten, fröhlichen Tableau zusammen. Als Einzelteile erhältlich kann sich jeder Kunstsammler seine ganz persönliche Version gestalten und Schritt für Schritt erweitern. Die vielen roten Punkte zeigen die große Nachfrage. Willi Sibers Stahlskulpturen, abgeknickte kubistisch gezirkelte Formen lassen trotz aller Abstraktion unschwer figurale Kompositionen assoziieren. Ihre Leichtigkeit bildet die Brücke zu den Arbeiten des Schweizer Metallbildhauers Carlo Borer (*1961 in Solothurn, Schweiz). Die Edelstahlskulpturen seiner Serie „Pulsar“ scheinen an der Wand, auf dem Boden zu schweben. Über CAD und Virtual Reality konzipiert und handwerklich ausgeführt entwickelt Carlo Borer seine Kunstwerke an der Schnittstelle zwischen Ästhetik und Gesellschaftskritik. Die gespiegelten Oberflächen schaffen ein designtes Raumgefühl und ironisieren es gleichzeitig durch die gespiegelten Verzerrungen und Verdopplungen des Betrachters. In anderen Werken wird durch das Material unser gesellschaftlicher Fortschritt hinterfragt. Aus Gummireifen werden kleine und große „Hurricanes“ zum Sinnbild für die Umweltzerstörung durch den Verkehr. Die Serie „Shampoo“, eine Edelstahlscheibe mit knallblauen Kunststofffransen spielt etwas versteckter auf die manipulativen Schönfärbereien an. Mit „Capsule“ einem verwitterter Sportwagen, aus Polyester, Bitumen, Pneu und Edelstahl hinterfragt Carlo Borer raffiniert den Sinn neuer Technologien, die doch so schnell veralten.
©Michaela Schabel
„Hell-C 444“ bringt die Symbiose von glatter Ästhetik und Reifen-Wahnsinn als „Hölle“ in Pillenform auf den Punkt.
Zu sehen ist diese interessante Ausstellung noch bis 21. Oktober dienstags bis samstags von 10 – 18 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung unter 030 43 72 71 72 oder 0170 94 666 39 in der Berliner Galerie Schmalfuss, Knesebeckstraße 96, 4. OG.