Berlin- „Katharina Grosse. It Wasn´t Us“ im Hamburger Bahnhof

©Michaela Schabel

„Ich male mich aus dem Gebäude heraus“, so beschreibt die Künstlerin ihre Arbeit. In einem wochenlangen Prozess ist eine expansive Malfläche entstanden, die die örtlichen Begebenheiten durch leuchtende Farben entgrenzt, zuweilen in intensiven Grundfarben, verstärkt durch das facettenreiche Spektrum der Komplementärfarben.

"Katharina Grosse It Wasn´t Up" im Hamburger Hafen präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel 

Farbe ist bei Katharina Grosse nicht auf ein Bild begrenzt. Sie kann überall auftauchen. Von Menschen gebaute Architektur und angelegte Gartenstrukturen löst Katharina Grosse in ein pulsierendes Farbgeschehen auf, in dem sich Größenverhältnisse je nach Standort ständig verändern und in der Nähe des dynamischen Malduktus durch die Strukturformen intensiviert wird.  

Gletschergeschiebe, Rutschbahnen, fiktiv heroische Gitantomanin, ein kleines abgestoßenes Relikt beim Start eines gigantischen Raumschiffes? Alles ist  vorstellbar, fügt sich zu einem opernhaft opulenten Bühnenbild zusammen, das durchaus beeindruckt, sich werbemäßig bestens inszeniert und doch nur Farboberflächen ohne Tiefgang bietet.

"Katharina Grosse It Wasn´t Up" im Hamburger Hafen präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel 

Oder steckt doch mehr dahinter? Ganz bewusst lässt Katharina Grosse Freiflächen, in denen der neutrale Boden als Leerstelle Langeweile signalisiert und gleichzeitig die  Farbwelten als wuchtige Chiffre aufdringlich emotionaler Manipulationsströme  decouvriert, die sich hochschaukeln, verebben und in der Brandung verströmen.

Was sich in der Ausstellungshalle skulptural verdichtet, mutiert im Freien zu intensiver Streetart, wobei die Strukturen geteerter Wege und  rhythmisch gewellter Fassaden die Farbdynamik beleben und fotografiert beeindruckender wirken als live. 

Die Künstlerin Katharina Grosse, 1961 in Freiburg im Breisgau geboren, hat in den vergangenen zwanzig Jahren zahlreiche Einzelausstellungen konzipiert. Jedes Jahr zog sie die Zuschauer in einem anderen renommierten Museum zwischen New York und Sidney in ihren Bann. Mit „Untitled Trumpet“ war sie 2015 auf  der 56. Biennale di Venezia, mit „Asphalt Air and Hair“ 2017 bei der ARoS Triennale, Aarhus. Als Professorin für Malerei wirkte sie von 2000 bis 2010 an der Weißensee Kunsthochschule in Berlin, von 2010 bis 2018 an der Kunstakademie Düsseldorf.

Zur Ausstellung ist ein Katalog im Hatje Cantz Verlag erschienen, unter anderem mit ihrem Text „Die Malerei ist eine Zumutung“ in Kooperation mit der Autorin Annika Reich.

„Katharina Grosse It Wasn´t Us“ ist noch bis 10 Januar 2021 im Berliner Hamburger Bahnhof zu sehen.