©Weltkinoverleih, Ella Knorz
Die preußische Königin Sophie Charlotte sehnt sich nach einem Bild ihres hoch verehrten und geliebten Lehrers, Gottfried Wilhelm Leibniz, mit dem sie als Schülerin…
die Fragen des Lebens rege diskutierte und dem sie wenigstens über ein Bild nahe sein möchte. Ihre Mutter, Kurfürstin Sophie von Hannover beauftragt den sehr nachgefragten Hofmaler Delalandre. Schon bei der Präsentation des möglichen Hintergrunds und der Kleidung, entstehen Zweifel. „Er ist es nicht, doch es gebührt ihn“. Eine Fehlentscheidung, wie sich schnell herausstellt, weil der Künstler genervt von Leibniz’ tiefgründigen Fragestellungen abreist. Ganz anders reagiert Aaltje van de Meer, die hinter der äußeren Oberfläche das Wesen von Leibniz ergründen will. Aus dieser einfachen Gesprächs-Konstellation zwischen Leibniz und Maler entwickelt der inzwischen 92-jährige Filmregisseur Edgar Reiz ein tiefgründiges Kammerspiel über das Wesen des Seins. Indem er Leibniz porträtieren lässt, offeriert sich dessen großartige geistige Hinterlassenschaft.
Über zehn Jahre beschäftigte sich Reitz mit dem Universalgenie Leibniz. Um alle seine Ideen zu realisieren, hätte der Etat nie gereicht, bekennt Reitz, der durch seine epische Fernsehreihe „Heimat“ gerühmt geworden ist. Reitz beschränkte sich deshalb auf ein Kammerspiel, das zwei Welten kontrastiert, die des Hofes und der Kunst, der Oberfläche und der Tiefe, hervorragend realisiert durch die Schauspieler.Lars Eidinger brilliert als narzistischer Delalandre, Edgar Selge als sympathisches Universalgenie Leibniz, Aenne Schwarz als empathische Malerin Aaltje van de Meer, die sich als Mann ausgeben muss, um in dieser männerdominierten Gesellschaft Arbeitsaufträge zu bekommen. Sie kann nicht malen, was sie nicht kennt und lässt sich deshalb auf den Dialog mit Leibniz ein, der wiederum schnell ihre Auffassungsgabe und ihre intellektuelle Flexibilität erkennt, sodass sich eine Gesprächsdramatik auf gleicher Augenhöhe entwickelt. Nicht das Geschlecht steht im Vordergrund, sondern die Art des Denkens und die Frage, was der Mensch ist. Die Wirkung der Argumentationen und Überlegungen, die Euphorie über neue Ideen und Perspektiven, die Dinge zu betrachten, das Auf und Ab der Emotionen spielt sich allein in der Mimik, ganz besonders im Leuchten der Augen der Schauspieler ab. Das Porträt enthüllt unter der Oberfläche das Wesen von Leibniz. Insofern weist der Prozess des Malens den Weg beim Filmen. Statt stereotyper, nichtssagender Wiedergabe der Oberfläche sucht Reitz nach dem Wesentlichen im Untergrund. Ganz nebenbei werden die Leibniz‘ Erfindungen und revolutionäre Apparaturen miteinbezogen und damit verbunden seine Frustrationen, bei Hofe nie die entsprechende Würdigung erhalten zu haben.
„Leibniz – Chronik eines verschollenen Bildes“ ist eine Hommage an einen der größten deutschen Denker, Philosophen und Mathematiker. Er war u. a. der Erfinder der binären Logik. „Leibnitz – Chronik eines verschollenen Bildes“ ist ein spannender Film für Menschen, die weniger an Action als am Denken interessiert sind.
Künstlerisches Team: Edgar Reitz (Drehbuch, Regie), Gert Heidenreich (Drehbuch) Anatol Schuster (Ko-Regie), Matthias Grunsky (Kamera), Anja Pohl (Schnitt), Esther Amuser (Kostüme), Thorsten Bolzé (Sound), Hendrik Ajax (Musik)
Mit: Edgar Selge, Aenne Schwarz, Lars Eidinger, Michael Kranz, Antonia Bill, Barbara Sukowa
Ab Donnerstag, 18. September ist „Leibniz – Chronik eines verschwundenen Bildes“