©Bernd Uhlig
Das Klavier steht im Mittelpunkt. Es ist Podest für die Protagonisten, gleichzeitig ironische Durchbrechung, wenn die Figuren karaokemäßig Klavier spielend als reale Kopfgeburten Wagners dessen kreative Inspirationen parodieren und sich der Flügel als Zauberkasten erweist, aus dem sich die Stoffgebirge des Bühnenbildes aufblähen, glitzernde Wasserfluten, schneebedeckte Höhengipfel und ein feuerflammendes Nibelheim, die sich durch Lichteffekte zu spannenden Atmosphären aufbauen und choreographisch tänzerische Drehdynamik intensivieren. Das wirkt imposant, ist aber von der Idee so neu nicht.
In diesen gewaltigen Bühnenwelten gelingt es Regisseur Stefan Herheim das Libretto in spannende Erzählbilder zu übersetzen und dabei die gesellschaftlich eng verquickten Prozesse von Freiheit und Abhängigkeit im Rahmen der hierarchischen Weltstrukturen herauszuarbeiten. Noch bevor die Ouvertüre einsetzt, strömen Flüchtlinge auf die Bühne. Sie agieren später als Alberichs Arbeitssklaven und Soldatenschergen, erden Wagners Mythos von der Entstehung von Angst und Neid zwischen himmlischem Versagen und dem Schrecken militanter Macht.
Alberich, von den Rheintöchtern bezirst und zurückgestoßen, ein hässlicher Clown mutiert zum autoritären Sklaventreiber. Mit Kriegshelm rückt Markus Brück Alberich in die Nähe Hitlers und steigert sich gesanglich enorm bei der grandiosen Verfluchung des Rings. Loge mit Thomas Blondelle in mephistophelischer Optik avanciert sängerisch und schauspielerisch zum Highlight der Inszenierung.
©Bernd Uhlig
Rein und klar kristallisieren sich Valeriia Savinskaia, Arianna Manganello, und Karis Tucker als Rheintöchter aus der Schar der Flüchtlinge. Großartig, mit durchglühtem Timbre verkörpert Judit Kutasi die Güte, durchdringend die Warnung vor der Sorge und dem Neid Erdas.
Die Upper-Class der Götter dagegen wird ganz in Weiß mit Engelsflügeln, Federhelm und Freias goldenen Apfelbrüsten als ironische Anspielungen plakativer Lächerlichkeit preisgegeben. Die Mächtigen wollen nicht altern, schön bleiben und kennen nur ihre eigenen Begehrlichkeiten, wobei Annika Schlicht als Fricka gesanglich immer wieder betörend schöne Akzente setzt, neben denen Derek Waltons Wotan verblasst, mehr Yuppie als ernst zu nehmender Weltenveränderer. Tobias Kehrer als gieriger Fafner und Andrew Harris als verliebter Fasolt machen aus den Riesen parodistische Hauruck-Figuren.
Unter der Leitung von Sir Donald Runnicles entwickelt das Orchester der Deutschen Oper einen verhaltenen Wohlklang, immer ganz im Dienste der Sänger. Nur an wenigen Stellen, beim rustikalen Aufmarsch der Riesen als riesige Marionetten, im Feuerschein Nibelheims oder im Donner umrauschten Finale wird Wagner in seiner Fulminanz hörbar, doch der Funke eines großen Wagner-Erlebnisses zündet nicht.
Künstlerisches Team: Sir Donald Runnicles (Musikalische Leitung), Stefan Herheim (Inszenierung, Bühne) Silke Bauer (Bühne), Uta Heiseke (Kostüme), Constanze Weidknecht, Philine Tiezel (Spielleitung), Ulrich Niepel (Licht), Torege Møller (Video), Alexander Meier-Dörzenbach, Jörg Königsdorf (Dramaturgie)