Die Regieidee ist durchaus nachvollziehbar, den Holländer und Senta als Menschen zu zeichnen, die aus den vorgegebenen Verhältnissen ausbrechen wollen. An Holländer, der der Sage nach, um ein stürmisches Kap zu umrunden, einen Teufelspakt geschlossen hatte, klebt die Sühne hybriden Wollens, stärker als die Natur zu sein. Senta wehrt sich gegen die Verfremdung durch die Ökonomisierung des Lebens. Sie will ein individuelles emotionales Leben führen.
Christof Hetzers lichtblitzenden Datenwelten und Kartonagenlandschaften spiegeln sowohl die Verfremdung zu Wagners Zeiten durch die Industrialisierung als auch die heutige Digitalisierung, ergeben aber keinerlei Synergieeffekte zur Musik. Zu weit klaffen Coolness der Optik und die Emotionalität der Musik auseinander. Zu simpel, fast lächerlich sind die Glogers Regiebezüge zur Originalgeschichte und Gegenwart, ein Boot wie eine Nussschale, der Ventilator als Beispiel für moderne Akkordproduktion, das Flugköfferchen Holländers als Symbol der Hektik, Senta mit hölzernen Flügeln als Befreiungsakt zur fliegenden Holländerin. Infolge der uninspirierten Personenregie helfen auch Feuer- und Schatteneffekte nicht, in den glatten Oberflächen surreale Innenwelten heraufzubeschwören.
Ebensowenig, von einzelnen Partien abgesehen, funkt die sängerische Präsentation. Die Titelrolle, Erik und der Steuermann wurden im Vergleich zu 2016 neu besetzt. Allein der kroatische Tenor Tomislav Muzek als Erik macht die mitreißende Emotionalität Wagners hörbar. Sehr lyrisch interpretiert entfaltet sich hier Gefühl. Peter Rose singt die Partie des Daland souverän, sehr textklar, mit einer inszenierungsadäquaten Distanz. Sentas Auftritte sind Ricarda Merbeth, wuchtig, resolut, aber nicht immer ganz präzise und ohne die leidenschaftliche Glut, die Wagners Musik entzündet.
Die große Enttäuschung ist Geer Grimsley in der Titelrolle. Es fehlt ihm an diesem Abend die Magie der Tiefe, ohne die der Holländer ohne Charisma bleibt. Im Duett mit Daland finden die unterschiedlichen Timbres nicht zusammen und von Senta wird dieser Holländer völlig überstrahlt. Christa Mayer als Mary und Rainer Trost als Steuermann bleiben rollenbedingt im Hintergrund, ohne Akzente zu setzen.
Stimmmächtig, präzise und klangklar brilliert unter der Leitung von Eberhard Friedrich der Festspielchor.
©Enrico Nawrath/Festspiele Bayreuth
Das Orchester, das in der Ouvertüre sehr subtil und klangschön Wagners romantische Motivik entfaltet, bleibt unter dem Dirigat Axel Kobers dezent im Dienst der Sänger, die romantische Fulminanz rutscht dabei in den Hintergrund.
So bleibt Wagners „Fliegender Holländer“ in der Version Gloger-Kober auch in der diesjährigen letzten Runde hinter den Erwartungen zurück. Wann, mit wem die nächste Inszenierung des „Fliegenden Holländers“ stattfindet, steht derzeit noch nicht fest.
Michaela Schabel