©Deutsches Theater, Arno Declair
Wie Thomas Manns Protagonist Hans Castorp kämpft sich ein Mensch durch den Schneesturm, verliert die Orientierung und erlebt dabei die simultanen Bewusstseinsstufen der Zeit. „Was ist die Zeit?“, wird zur existentiellen Frage, um die die Inszenierung kreist. Dieses Kreismotiv wird in Ornamenten auf dem Bühnenboden sichtbar, der außer Metallstangen, die auf abstrahierte Berge verweisen, leer bleibt und aus der Vogelperspektive gefilmt, hochkant sich in ein archaisches Uhrwerk verwandelt, auf dem die Menschen nicht kriechen, sondern unerwartet in den Zeigern hängend schwebend und sich in immer neuen Gedankengängen in möglichen Existenzen wiederfinden, in denen sie die existenziellen Fragen klar artikuliert oder in unverständlichen Lautstummeln durchdeklinieren. Was macht den Menschen aus? Welche Weltordnung wird sich durchsetzen? Was soll Politik oder Nicht-Politik? Glaubst du an eine Wahrheit? Die Antworten bleiben aus. Nur eines wird klar. Humanität und menschliche Werte liegen am Boden. Gott ist tot. Welch Unglück!
©Deutsches Theater, Arno Declair
Sprechen genügt nicht, wandelt sich in existentielles Raunen, unverständliches Kreischen, grelles Schreien, Krächzen, Hecheln, Heulen, Tatata-Palaver. Stimmen werden verzerrt, mutieren zu roboterhaft animierter Unnatürlichkeit, Kinderlieder zu einem schrill absurden Medley. Und alles zusammen wird mit Samuel Wieses Sound zwischen kosmischen Tonwalzen, knarzigen Minimelodien kombiniert mit sphärischen Klängen, Orgelsound, tonalem Nachäffen menschlichen Sprechens atmosphärisch untermalt.
Konzeption, künstlerisches Team und Ensemble bestens aufeinander abgestimmt gelingt über den Livestream eine noch interessantere, innovativere „Zauberberg“-Version als auf der Bühne.
Künstlerisches Team: Sebastian Hartmann (Regie und Bühne), Adriana Braga Peretzki (Kostüme), Samuel Wiese (Musik),Tilo Baumgärtel (Videoanimation), Lothar Baumgarte (Licht), Claus Caesar (Dramaturgie), Jan Speckenbach (Livestream Kamera, Bildregie), Marlene Blumert, Max Hohendahl, Dorian Sorg, Lennart Löttker (Szenisches Video), Peter Stoltz (Head of Stream, Sendeton), Marcel Braun, Björn Mauder (Ton), Marcel Braun, Eric Markert
Mit: Elias Arens, Manuel Harder, Markwart Müller-Elmau, Linda Pöppel, Birgit Unterweger, Cordelia Wege, Niklas Wetzel, Samuel Wiese (Live-Musik)