München – „Phyllida Barlow. frontier“ – Installationen von Phyllida Barlow im Haus der Kunst 

Ausstellungsbericht "Phyllida Barlow.frontier" im München, Haus der Kunst, präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel 

1944 in Newcastle-Upon-Tyne geboren, geprägt von den zerbombten Städten und dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg sind Baustellen immer noch die größte Inspirationsquelle für Phyllida Barlow. Bitumen, Beton, Glas, Stahldraht, Papier, Tücher, Polyurethanschaum, Latex, Polyethylen, Schaumstoff und Industrieklebstoff sind die Materialien für ihre gigantischen Installationen, die in erster Linie auf Vergänglichkeit und Verfall zielen. Damit unterschied sich Phyllida Barlow schon in den 1960er Jahren grundsätzlich von den Bildhauerkollegen, die auf Ästhetik von Form und Material zielten. 

Dicht gedrängt im großen Ausstellungsraum, die Objekte teilweise zu massiv in den Nebenräumen, kommt ihre Aura nicht optimal zur Wirkung, dafür umso mehr ihre Kritik an der Verbauung heutiger Flächen mit fragwürdigen Hochbauten. Sie sind hoch, können trotzdem keine Decken tragen, wirken, innen hohl, bereits wie der Schrott von Morgen. Durch die monumentale Größe der Objekte gerät der Besucher zugleich in die Perspektive der Untersicht. Die Installation dominiert ihn, er muss sich damit abfinden, kann sie nicht zur Seite schieben, muss rundherum gehen, mit ihr leben. 

Statt auf einen riesigen Springbrunnen blickt man auf vertrocknete, verkommene Lehmpfeifer und alte bemalte Platten scheinen einem direkt schräg nach unten entgegenzugleiten. Nicht die Gondeln tragen Trauer, sondern die grauen Segel schützen pragmatisch vor Bauschutt und nehmen unserem Umfeld die letzte Spur von Poesie. 

Ausstellungsbericht "Phyllida Barlow.frontier" im München, Haus der Kunst, präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel 

Sehr gut kuratiert erschließen sich ihre Installationen schnell und verdichten sich in den Nebenräumen zu Geschichten quer durch die Kulturgeschichte des immer währenden Verfalls. Riesige Säulen erinnern an die Antike, doch nicht saniert, verschieben sich Balancen, zeugen Risse von der Erosion. Balkone kleben ungenutzt an der Wand, Sonnenschirme bleiben in einer Ecke zugeklappt, wie denn auch wenn der Blick nur auf eine Müllhalde von Brettern und Fässern trifft.

Ausstellungsbericht "Phyllida Barlow.frontier" im München, Haus der Kunst, präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

Ein riesiger Gittertrichter als „megaphone“auf einem Stangengerüst hoch oben tönt nicht mehr, oder doch, denkt man an die Zunahme von autokratischen Systemen. Baugerüste sind so fragil, dass man sie nicht benutzen kann. Das Handwerk liegt danieder, Farbspritzer, bunt beschmiert, mehr nicht, schräge Balanceakte ohne Funktion und auf schnellen Verfall programmiert. 

Ausstellungsbericht "Phyllida Barlow.frontier" im München, Haus der Kunst, präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

Nicht jede Arbeit überzeugt, aber in etlichen trifft sie voll ins Schwarze.

Zu sehen ist „Phyllida Barlow. frontier“ im Münchner Haus der Kunst noch bis 25. Juli, außer dienstags täglich von 10 – 18 Uhr, donnerstags von 10 – 22 Uhr