Tom Volf überlässt Maria Callas selbst das Wort und intensiviert, kontrastiert durch simultan eingeblendete Schlagzeilen, Filmsequenzen ihre sehr persönlichen Aussagen, wie stark ihr Leben von Kritikern, Batista Meneghini. ihrem Ehemann und Aristoteles Onassis, ihren späteren Geliebten beschwert wurde.
Ein Interview in jungen Jahren, etwas unscharf in altem Schwarz-Weiß-Fernsehformat wird zum Leitmotiv, durchbricht immer wieder die gestylte Primadonnen-Optik durch mädchenhafte Natürlichkeit, die der Film immer wieder herauskristallisiert.
© Fonds de Dotation Maria Callas
1923 geboren wuchs Maria Callas noch in einer vollkommen von Männern dominierten Gesellschaft auf. Mit acht Jahren lernte sie Klavier, mit 13 begann sie, von ihrer Mutter älter ausgegeben, eine Gesangsausbildung. Elvira de Hidalgo, ihre Gesangslehrerin. beschreibt Maria Callas als „perfekte Schülerin“, sehr musikalisch, intelligent, fleißig, wissbegierig, morgens die Erste, die kam, abends die Letzte die ging, und am anderen Tag konnte sie, was sie am Tag davor gelernt hatte.
Maria Callas entwickelte sich zur Ausnahmesängerin, zur unangefochtenen „Primadonna des 20. Jahrhunderts“. Sie beherrschte alle Techniken des Belcanto, sang souverän über drei Oktaven bis zum zweigestrichenen Fis. Tom Volf lässt in seiner Dokumentation Raum für Belcante vom Feinsten, für hinreißenden Koloraturarien, die Maria Callas´ charismatische Stimme und empathisches Ausdrucksvermögen in Erinnerung rufen.
© Fonds de Dotation Maria Callas
Die eigentliche Leistung dieses Film ist jedoch, die Frau hinter der Primadonna zu entdecken, die wahren Gründe der körperlichen und seelischen Überanstrengungen dieser Frau zu enthüllen und ungerechtfertigte Urteile zurechtzurücken.
Maria Callas war dem Schicksal für ihre Karriere zwar dankbar, beteuert aber in Interviews immer wieder, dass sie viel lieber eine Familie und Kinder gehabt hätte. Beides zusammen war für sie in der damaligen Zeit unvorstellbar. Wie ein roter Faden zieht sich die Sehnsucht nach familiärer Geborgenheit durch den Film. Sie blieb Maria Callas verwehrt. Die erste Ehe scheiterte, als Batista Meneghini, berauscht von ihrem Erfolg, sich immer mehr in ihre Kunst und ihr Management einmischte. Die zweite Ehe mit Onassis kam nie zustande, obwohl sie mit ihm sehr glückliche Jahre verbrachte und das Jetset-Leben genoss.
© Fonds de Dotation Maria Callas
Während sie Onassis schreibt, wie sehr sie ihn liebt, zeigt ihn ein Filmausschnitt bereits an der Seite von Jackie Kennedy. Nach neun Jahren glücklichen Zusammenseins erfuhr Maria Callas aus der Presse völlig unvorbereitet von der Hochzeit der beiden, ein Schock, der ihr die Stimme zuschnürte.
In ihren Briefen an Elvira de Hidalgo, ihre beste Freundin, beschreibt Maria Callas ihren depressiven Zustand. Sie will zurück auf die Bühne, was ihr nicht mehr gelingt. Zurückgezogen und einsam zeigen die letzten Filmsequenzen Maria Callas ungewöhnlich schlicht und mädchenhaft romantisch und immer noch an ein Comeback glaubend in ihrer Villa. Mit ihrem Auftritt und der wunderbaren Pucchini-Arie „O mio Babbino caro“ im Abspann endet der Film als einfühlsame Hommage an die großartige Sängerin.
Michaela Schabel