Film – „In den Gängen“

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Film „In den Gängen“

Mit großartigen Schauspielern und exzellenter Kameraführung gelingt „In den Gängen“ zur Metapher, waas Menschen zum Menschen macht.

Wie fühlt sich das Menschsein in heutiger Zeit an? Diese existenzielle Frage umkreist  Regisseur  Thomas Stubers nach einer Kurzgeschichte seine Ko-Autoren Clemens Meyer. Das Ergebnis ist ein wunderbar poetischer  Film. „In  den Gängen“  passiert wenig und doch extrem viel.

Christian bekommt eine Stelle in der Getränkeabteilung eines Supermarktes. Im Walzertakt scheinen die Gabelstapler durch die nächtlichen Gänge zu sausen als Ausdruck für diesen Neubeginn. Doch der Alltag ist nicht so einfach. In drei Kapiteln erfolgt zwischen den drei Protagonisten, eine subtile Annäherung, gleichzeitig eröffnet sich  Schritt für Schritt die Tristesse ihres Lebens. Einsam sind sie alle Drei, Bruno, der von seiner Frau erzählt, die gar nicht existiert, Marion, unglücklich, weil der Ehemann sie schlecht behandelt, und Christian mit zwei Jahren Knasterfahrung, der seine alten Kumpels hinter sich lassen will.

In der Anonymität eines Supermarktes, der Tristesse von Lagergängen, Tiefkühlräumen und Laderampen entwickeln  sich menschlichen Beziehungen, die immer wieder entgleiten, Abstürze verursachen und gerade dann wieder greifen, exzellent, sehr authentisch von Robert Rogowsky (Christian), Sandra Hüller (Marion) und Peter Kurth (Bruno) gespielt.

Robert Rogowsky macht diesen ungelenken Christian zur Sympathiefigur, der seine Sache gut machen will, bloß nicht weiß wie, und sich am Kaffeeautomat  sofort in Marion verliebt, mit Sandra Hüller ein recht kesser, aber genauso tiefgründiger Gegenpol. Mit Peter Kurth wandelt sich der knurrige Bruno zum väterlichen Freund und bereichert  die Liebesgeschichte um echte Männerfreundschaft.

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© MDR/Sommerhaus Filmproduktion

Das Umfeld erklärt, warum die Drei so  sind, wie sie sind. Einsam zu Hause findet das Leben in der Monotonie zwischen den Regalen statt. Der Zuschauer erlebt mit dem Blick Christians den öden nächtlichen Parkplatz, die leere Busstation, seine marode Wohnung, von der Kamera (Peter Matjasko) in ruhigen Einstellungen in der Totalen mit melancholischer Poesie eingefangen,  mit Fokus auf Details, die sich aus ungewöhnlichen Perspektiven zu psychologischen Leitmotiven verdichten.

Groteske Szenen beleuchten die Schattenseiten unserer Konsumgesellschaft, wenn Christian mit Kollegen die abgelaufenen Lebensmittel, die sie entsorgen müssen, aus den Mülltonnen gierig futtert, mit Marion die Frischfische beobachtet, die dichtest gedrängt um Luft schnappen, die endlosen LkW-Kolonnen auf der Autobahn für Nachschub sorgen.

Man beginnt zu verstehen, warum Christian so scheu ist,  den Pullover über seine Tätowierungen zieht. Trotzdem ist im Nacken immer noch ein kleines Mahnmal seiner Vergangenheit zu sehen. Sie scheint ihn nicht loszulassen.

Doch der Film gibt auch Hoffnung. Die Anonymität des Supermarkt wandelt sich durch freundschaftliche Beziehungen in ein fast familiäres Umfeld. Man hält zusammen und wagt immer mehr zu sagen, was man denkt. Ganz hoch soll Christian am Schluss auf Marions Wunsch den Stapler fahren. Mehr als ein augenzwinkerndes  Phallussymbol wird das Schlussbild, als sich beim Zurückfahren Maschinenlärm in  Meeresrauschen verwandelt, als Vision von Freundschaft, Liebe und Achtsamkeit tatsächlich Realität.

Michaela Schabel