©Michael Eckstein
Fabian Schwarz macht mit dem Kollektiv der Comoedia Mundi eine überraschende Version konträr zu den üblichen Interpretationen, bindet Mary Shelley als Figur der schreibenden Autorin mit ein und lässt sie nach einem neuen Schluss mit unerwartetem Happyend suchen.
Unter der Regie von Loes Snijdero und ihrer Interpretation der Kreatur, die sie selbst spielt, wandelt sich „Frankenstein“ zur tiefgründigen, durchaus witzigen Parabel vom Anderssein, von der Gruselgeschichte zum Zerrspiegel der Menschheit und zur satirischen Lovestory.
Die Kreatur aus dem Labor hat wegen ihrer Hässlichkeit keine Chance. Frankenstein selbst rennt davon, will keinerlei Verantwortung für den Murks seines Experiments übernehmen. So muss seine Kreatur, zunächst naiv wie ein Kind, alles durch die Nachahmung der Menschen lernen. Großartig zeigt Loes Snijders die anfänglich positiven Regungen dieses Wesens, wenn es die Frische des Wassers spürt, die Schönheit einer Frau empfindet, arglos staunt und lacht. Doch sobald die Kreatur auf Menschen trifft, wird sie gejagt und malträtiert. So lernt die Kreatur Hass und Gewalt. Nur der blinde Alte erkennt ihre Seele, bringt ihr Lesen und Schreiben bei.
Loes Snijders spielt diese ungehobelte barfüßige Kreatur großartig mit gutturalen Urlauten als fleißigen Schüler, hilfsbereiten Beschützer, der mehr unwissentlich als absichtlich mordet und aus Enttäuschung rebelliert und schließlich seine Menschenrechte elegant eloquent gekleidet wie ein Varieté-Zauberer mit Zylinder und clowneskem Habitus einfordert. Blitzschnell wandeln sich Licht und Schatten dieser Kreatur, weicht das Lächeln der Grimasse der Gewalt und dem Schrecken vor der eigenen Tat.
In schneller Szenenfolge, zuweilen simultan gelingt eine spannende atmosphärische Verdichtung, aufgelockert durch die romantischen Momente mit Mary Shelley und Elisabeth, der Braut Frankensteins.
Das Schauspielquartett bis auf die Kreatur in Mehrfachbesetzung ist unter der Regie von Loes Snijders bestens aufeinander eingespielt. Fabian Schwarz überzeugt als Frankenstein zwischen überheblichem Genie und überfordertem Menschen, Christina Schmideder als vife Braut Frankensteins und verführerische Hure von einst mit heutigen Verführungskünsten. Iken Marei Sturm bindet Mary Shelley natürlich in das Stück ein und setzt mit der Melodica romantische Akzente. Gespielt im nostalgischen Ambiente des Theaterzelts der Comoedia Mundi ist der Theaterabend in jeder Beziehung ein Erlebnis.
Noch bis 26. Oktober auf der Landshuter Mühleninsel zu sehen.