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Berlin – „Brahms, Schönberg, Adams“ als Meister der Variationen, gespielt vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der Leitung von Vladimir Jurowski

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Berlin – „Brahms, Schönberg, Adams“ als Meister der Variationen, gespielt vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der Leitung von Vladimir Jurowski

Interessant und imposant präsentierte Vladimir Jurowski, Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin, gleichzeitig Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper, ein konzeptionell stringentes Programm, exzellent interpretiert. Johannes Brahms‘ „Tragische Ouvertüre“, gefolgt von Arnold Schönbergs „Vier Lieder für Gesang und Orchester“ und John Adams „Harmonielehre“ offerierten völlig unterschiedliche Musiken, jede für sich zog in ihren Bann…

©Michaela Schabel

Jurowksi hat eine ganz besondere Art Kompositionen zu verlebendigen. Er leuchtet hinab in die dynamische Vernetzung der instrumentalen Intonationen und entdeckt ein Feuerwerk subtiler Klangstrukturen, wodurch jede Komposition für sich überaus plastisch und bildlich erlebbar wird.

Nach zwei „Eroica“-Schlägen a la Beethoven kristallisiert das Rundfunkorchester Berlin in Brahms‘ „Tragischer Ouvertüre“ (1880) in impressionistisch wirkenden Farbklängen die kontrapunktorischen Vernetzungen heraus, die ein synkopischer Marschrhythmus immer wieder durchkreuzt. Hörner erklingen voll romantischer Sehnsucht ganz nah. Die Streicher setzen klirrende Akzente. Die Celli glühen emotional. Markante Marschrhythmen bedrohen wellenförmig die poetischen Passagen bis zur tragisch vehementen Zuspitzung. Brahms, oft als rückwärts orientiert kritisiert, wirkt hier ganz im Gegenteil sehr fortschrittlich und modern, als Meister der Variation.

Genau bei diesem Prinzip, aus dem Grundmaterial immer neue musikalische Formen zu entwickeln, setzt Arnold Schönberg in seiner 12-Ton-Musik an. Zu hören waren allerdings „nur“ seine „Vier Lieder op. 22“ vertont nach Gedichten von Rainer Maria Rilke und Ernest Dowson. Im roten Kleid und barfuß als klare Ansage in Carmen-Optik sang Mezzosopranistin Christina Bock von der Staatsoper Wien diese Texte, die um die Einsamkeit des Menschen kreisen, ausdrucksstark und souverän.

Konzertkritik "Brahms, Schönberg, Adams" dirigiert von Jurowski, gespielt vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

©Michaela Schabel

Die Antwort auf Schönbergs 12-Ton-Musik findet sich in John Adams’ „Harmonielehre“ (1984-85). Adams verbindet in diesem dreisätzigen Orchesterwerk den v. a. in den USA gepflegten Minimalismus mit spätromantischen Harmonien mit Anklängen an Mahler, Sibelius, Debussy und den jungen Schönberg. Zwischen rhythmischen Feuerwerken zwischen Beginn und Ende entwickelt sich ein surrealer Traum der zwischen Poesie und Melancholie verzaubert, weit mehr Kopfkino und kosmische Filmszenarien assoziieren lässt, als die im Programmheft zitierten Anfortas- und Quakie-Träume des Komponisten. Durch die nahtlose Übernahme ganz kontroverser Tonalitäten baut sich eine gigantische Klangdynamik auf, in der jede Instrumentalgruppe immer wieder aufs Neue überrascht. Harfen, Xylophone Flöten suggerieren gläserne Transparenz und lichte Sphären, Geigen flirren eisig, Blechbläser und Kontrabässe beschwören Abgründe herauf, die Schlagwerke markieren Exit. Diese Interpretation verlebendigt den existentiellen Lebenskampf, eben nicht nur im malträtierenden Dauerfortissimo, sondern ständig zwischen verschiedenen Dynamiken chargierend als subtiles Anschwellen und Verebben auf permanent ansteigendem Niveau, ein Hörgenuss auch in den Extremen. Final ein faszinierendes Inferno.