Wandteppich oder Bild? Selbst beim Näherkommen wirken manche Arbeiten von Sophie-Luise Passow wie Textilien, denn sie malt auf Leinen. Ungerahmt sieht man an den Kanten die Faserstrukturen. Durch das Auftragen und Verwischen der Pastellkreide mit den Händen schimmern die Bilder seidig. Lineare Strukturen machen die Vernetzung der Menschen deutlich…

©Michaela Schabel

Von der Fotografie kommend interessiert Passow die Frage, wie Bilder entstehen, wie sie sich aus Pixeln Farbflächen und Formen entwickeln. Gleichzeitig weitet Passow  den maltheoretischen Hintergrund durch psychologische Wahrnehmungsmöglichkeiten und erbbiologische Determinationen. Das Ergebnis sind abstrakte, sehr komplexe Bilder, in denen sich durch pulsierende Farben und repetitive Muster Aspekte des kollektiven Gedächtnisses spiegeln.

Sophie-Luise Passow (*1994) kommt aus Wien, wo sie aufgewachsen ist und lebt. Mit 14 Jahren begann sie zu fotografieren. Von 2019 – 2022 studierte sie Fotografie, dann Zeichnung und Druckgrafik. Sie bekam ein Stipendium in Paris und schon während des Studiums die Gelegenheit auszustellen. 2023, ein Jahr nach dem Diplom waren es bereits 12 Ausstellungen. Galeristin Anke Plath fördert gern junge Talente und lud Sophie Luise Passow in ihre Galerie Kunstwerk ein, wo die verschiedenen Formate sehr gut positioniert bestens zur Wirkung kommen. 

Die Malerei ist für Passow ein Befreiungsprozess persönlich wie gesellschaftlich das ausdrücken zu können, was sie bewegt. Sie möchte das Unsichtbare sichtbar machen. Vergittert, verschlungen, dunkel wirken viele Bilder und dennoch leuchtet im Hintergrund die Helligkeit, gewinnt das Bild bei genauem Betrachten über die räumlichen Perspektiven eine optimistische Grundhaltung nach dem berühmten Spruch, das Glas kann halbleer, aber eben auch halbvoll sein

©Sophie-Luise Passow, Foto: Michaela Schabel

In ihren neuen Bildern kommt zur psychologischen Komponente noch der biologische Aspekt, worauf schon der Titel „Vanishing Twin“, zu deutsch „Verschwindender Zwilling“ verweist. Gemeint ist, dass ein Fötus, der in einer Mehrschwangerschaft im Mutterleib stirbt, teilweise oder vollständig resorbiert wird. Vor diesem Hintergrund werden Passows lineare Muster wie x-Chromosomen, gestrichelte Zeiteinheiten, Kreuze und Herzformen zu mehrdeutigen Symbolen zwischen biologischer Determination und psychosozialer Vernetzung. 

Die Ausstellung ist in der Galerie Kunstwerk noch bis 25.08.  mittwochs, freitags, samstags von 15 – 18 Uhr zu sehen oder nach telefonischer Vereinbarung 0172 9398268 https://www.kunstwerk.la