©Mosaik Verlag 2024
Schon als Kind war sie eine kleine Rebellin. „Eine Helga ist sie nicht“, meinte der Vater, eine Ursula, ihr zweiter Vorname war sie auch nicht. So einigten sich die Eltern ihre trotzige Tochter Uschi zu nennen. Der Name blieb, das Widerständlerische auch.
„Vorsicht Glas!“ Die Aufschrift auf einer Kiste, der sie in einer Fernsehshow entstieg, wurde ihr Slogan, nicht weil sie besonders zart oder zerbrechlich war, sondern weil sie sich nichts gefallen ließ. Für die einen wurde sie die Mutige, die den Mund aufmacht, für andere die mit den Haaren auf den Zähnen, ein Image, das ihre Autobiografie leitmotivisch durchzieht und das sie ganz bewusst ein Leben lang pflegte. Das Verhältnis zu den Eltern war vom aufmüpfigen Kind bis zur rebellischen Jugendlichen konfliktbeladen, aber den Spruch des Vaters „Du musst abends in den Spiegel schauen können“ begleitete sie durch ihr Leben.
Uschi Glas stellt sich nicht als Star dar, sondern als Mensch. Offen bekennt sie sich zu ihren Lebensmaximen und behandelt andere, so wie sie selbst behandelt werden möchte, weshalb sie unter der gegenwärtigen Situation leidet, weil der Umgangston immer aggressiver wird und die PolitikerInnen zu wenig Orientierung geben. Im Umfeld von Eltern, Kinderfrau, erstem und zweitem Ehemann, den Regisseuren und Kollegen, allen voran Elmar Wepper und Horst Wendlandt, Chef von Rialto Film, der sie entdeckte und förderte, entwickelte sie sich zu einer integren Persönlichkeit mit dem Mut, Rollen auch abzulehnen, wenn sie sie überforderten oder ihr nicht gefielen. Am liebsten spielte sie schräge, komische und unkonventionelle Frauentypen, vom frechen Teenager der Paukerfilme in den 1960er Jahren bis zur ausgebrannten Ingrid Leimbach-Knorr in „Fack ju Göhte“. Berühmt wurde sie als Halbblut Apanatschi, zum Kult als Barbara in „Zur Sache Schätzchen“. Auf ein Angebot aus den USA verzichtete sie der Liebe und der Familie wegen. Bayern blieb ihre Heimat und als wertkonservative Europäerin fühlt sie sich.
Ihre Philosophie keine schlechte Energie in die Welt zu senden, damit sie nicht als Bumerang zurückkäme, ging auf. Das Leben scheint sich für Uschi Glas gelohnt zu haben. Probleme nahm sie immer als Chancen wahr. Ihre innere Werte-Uhr ließ sie die richtigen Entscheidungen treffen. Zu allen aktuellen Themen nimmt sie Stellung. Ein Me-Two-Opfer war sie nie, aber ihr Engagement für die Corona-Impflicht brachte ihre viele Drohungen ein. Das Älterwerden sieht sie als Geschenk. Mit morgendlicher kalter Dusche, Stretching, Trockenmassagen und Walking hält sie sich heute noch fit. Sie ist sich bewusst auf der Sonnenseite des Lebens zu stehen. Dass sie durch den von ihr mitbegründeten Verein „brotZeit“ für Schulkinder der Gesellschaft etwas zurückgeben will, ehrt sie. Doch, was nicht in die heile Karrierewelt passt wie ihre Allergien auslösenden Kosmetikprodukte oder die Problematik mit Sohn Benjamin, der durch Alkoholismus, Körperverletzung, Haftstrafe immer wieder für Schlagzeilen sorgte, spart sie vollkommen aus. So wirkt die Autobiografie doch sehr geglättet, in erster Linie als Imagekampagne einer sicher sehr taffen Frau, die sich bis ins hohe Alter geschickt zu vermarkten weiß.
Uschi Glas „Ein Schätzchen war ich nie“, Mosaik Verlag, München 2024, S. 222