©Louisiana, Foto: Michaela Schabel
Man weiß wenig über den Künstler. Nur ein Foto gibt es von ihm. Er brachte sich das Malen selbst bei und lebte wie ein Vagabund in Tiflis. Immer unterwegs, die Malutensilien im Koffer beobachtete er die Menschen und Tiere. Egal ob er Auftragsarbeiten malte oder aus künstlerischer Motivation, inspiriert von Georgien, Persien und der byzantinischen Kunst, sein Stil ist einzigartig. Mit wenigen Pinselstrichen verwandelt er alltägliche Szenen in außerordentliche Chiffren, die sich direkt erschließen, keiner Interpretation bedürfen und durch und durch authentisch wirken.
Er malte, was in der Kunstgeschichte völlig ungewöhnlich ist, auf eine schwarze Leinwand, wodurch seine Bilder von innen heraus surreal düster leuchten und sich der Ausstellungstitel „Niko Pirosmani – Black Light“ erschließt. Menschen und Tiere porträtiert er unspektakulär in naiven, zuweilen ganz bewusst durch die schwere Arbeit verschobenen Proportionen, einzeln oder aneinandergereiht wie für ein Bilderbuch und doch so charismatisch und mythisch, dass es eben nur von Pirosmani sein kann. Aug in Aug bauen die Bilder eine ungewöhnliche Spannung auf. Man kann dem Blick seiner Menschen und auch seiner Tiere nicht ausweichen. Männer und Frauen gehen ihrer Arbeit nach oder feiern, aber sie zeigen immer Haltung, auch wenn sie körperlich schon ausgemergelt sind oder einiges gezecht haben. Eine Schauspielerin, die Pirosmani beeindruckt zu haben scheint, malt er wiederholt mit großem Dekolleté und stattlichen Hüften. Die Männer sitzen feiernd wie die Apostel um einen großen rechteckigen Tisch, wobei im Hinter- und Untergrund die Natur zum Vorschein kommt als Zeichen der Befreiung. In Niko Pirosmanis großen Landschaftsbildern spiegelt sich kaleidoskopartig das Landleben in seiner Harmonie zwischen Mensch und Natur. Die Technisierung wird als Bedrohung wahrgenommen. Der Zug rattert an toten Tieren vorbei. In den Tierbildern spiegelt sich das Bedürfnis nach Wärme. Sie werden aber auch zu politischen Botschaften. Wenn der Adler den Hasen blutig krallt, liegt die Deutung nahe, wie der Zar mit Georgien umgegangen ist. Wer, wie die Giraffe, den Weitblick hat, blickt in Abgründe und erstarrt vor Schrecken.
©Louisiana, Foto: Michaela Schabel
Niko Pirosami blieb seinem Mal- und Lebensstil treu, wodurch sich schnell ein Wiederholungseffekt ergibt. Aber einige Motive veranken sich ähnlich wie bei Henri Rousseau tief im Gedächtnis.
Die Ausstellung „Niko Pirosami – Black Light“ ist noch bis zum 20. August im Museum Louisiana im dänischen Humlebæk zu sehen.