©Michaela Schabel
Bislang verband man mit Esskultur in erster Linie aufwändig gekochtes, schön angerichtetes Essen mit gepflegtem Ambiente. Köche mit Sternen bildeten die Königsklasse mit exotische Gerichten, raffinierten Geschmacksnuancen, internationalen Beilagen.
Heute haben sich die Attribute entscheidend geändert. Esskultur erkennt man am gesunden, vielfältigen, lokal, saisonal und biologisch hergestellten Nahrungsmitteln.
Monat: März 2019
Berlin – Deutsche Oper – Zemlinskys „Der Zwerg“
©Monika Ritterhaus
Der Deutschen Oper Berlin ist mit Zemlinsky selten gespielter Oper „Der Zwerg“ ein ganz besonderer Coup gelungen. Unter Donald Runnicles´ musikalischer Leitung und Tobias Kratzers Regie mausert sich der „Zwerg“ zum faszinierenden Psychogramm von Selbst- und Fremdwahrnehmung.
Berlin – Schaubühne – Uraufführung von Marius von Mayenburgs „Stück Plastik“
© Arno Declair/Schaubühne Berlin
Wenn die Putzfrau das Herzstück der Familie wird, an der sich alle wärmen, dann ist die Familie schon sehr in Schräglage. Michael, Arzt, und Ulrike, Assistentin eines Performancekünstlers und auch der Künstler selbst fühlen sich auf allen Gebieten überfordert. Sie fühlen sich depressiv, besser burnout, das hört sich cooler an, sind immer mit sich selbst beschäftigt und der 12-jährige pubertierende Sohn bleibt sich selbst überlassen.
Daraus macht Marius von Mayenburg ein schrilles Stück über den Stellenwert von Menschen und weitet es auf die globale Sicht von Arm und Reich.
München – Oper – Puccinis „La fanciulla del west“
©Wilfried Hösl
Eine gebogene Linie weitet die Bühne zum Bergwerk, aus dem die Jungs direkt in Minnies Kneipe landen, womit das Geschehen abstrahiert, überall und jederzeit verortet wird, weniger Goldrausch als Kohleabbau durch den Bezug zu Michael Glawoggers Dokumentarfilm «Workingman’s Death» (2005), der in der Pause gezeigt wurde.
Dass Puccini 1910 den Goldrausch Kaliforniens als Wildwestoper komponierte war einem Auftrag für die Metropolitan Oper geschuldet. Doch weder dort noch in Europa konnte sich die Oper nach David Belascos Schauspiel „The Girl of the Golden West“ durchsetzen.
85 Jahre blieb „Fanciulla del West“ in der Münchner Staatsoper ungespielt. Jetzt strahlt dieses Werk unter der musikalischen Leitung James Gaffigans in Andreas Dresens Inszenierung als Neuentdeckung, allerdings anders als man Pucchini kennt, ohne die großen Arien.
Landestheater Niederbayern – Musical „Avenue Q“
©Peter Litvai
Ein Musical mit Muppets? Dass das durchaus funktionieren kann, beweist das Landestheater Niederbayern. Seit 2003 findet in den USA die „Avenue Q“, nach Jeff Whittys Buch und der Musik von Robert Lopez und Jeff Marx ihr Publikum.
Die „Avenue Q“ zwischen Müllsäcken und ruinöser Bausubstanz mit aufklappbarer Fassade und vogelperspektivischer Sicht auf Interieurs wie eine Bilderbuchseite ist Treffpunkt der Loser, die ihren Frust in amerikanischer Manier verbal auskotzen. In einem Mix von Arbeitslosigkeit, Armut und Obdachlosigkeit, Rassismus, Homosexualität und Porno suchen sie nach ihrer Selbstbestimmung und machen dabei ihre Bauchlandungen, auch wenn die Botschaften permanent von den Internetvideos der Werbeflächen flimmern (Video: Florian Rödl). Grotesk, schrill entpuppt, sehr derb formuliert und parodiert präsentiert „Avenue Q“ amerikanische Comedy mit dem oberlehrerhaften Charme einer Kindersendung, wegen Sprache und Inhalt allerdings eher für Erwachsene, worauf im angloamerikanischen Raum mit dem „Parental Advisory Sticker“ extra hingewiesen wird.
Straubing – Musical „Doktor Schiwago“
© CMC Straubing
Nach der Deutschlandpremiere des „Doktor Schiwago“-Musical 2018 in der Neuen Oper Leipzig sorgt jetzt Straubinger Crazy Musical Company e.V. für Herzschmerz und Begeisterung. Wie bereits in der Regensburger Uraufführung der Opernversion rückt im Gegensatz zu der berühmten David-Lean-Verfilmung mit Omar Sharif (1965), die Musicalversion (Buch Michael Weller) unter der Regie von Andreas Wiedermann die politische Zeitenwende in den Vordergrund.
Film – „Kirschblüten & Dämonen“ von Doris Dörrie
©Constantin Film
Das Voralpenland glitzert japanisch, die Schneeberge wirken wie auf japanischen Holzschnitten, mitten auf der Weide ein Kirschbaum. Zwischen Allgäu und Japan, ihrem Lieblingsfremdland oszilliert Doris Dörries wunderbare Filmmetapher „Kirschblüten & Dämonen“, Nachfolgefilm von „Kirschblüten – Hanami“.
Die junge Yu taucht ins Japanische Meer ein und im oberbayerischen See auf. Sie sucht ihren deutschen Vater Rudi und findet stattdessen seinen Sohn Karl, geschieden, Alkoholiker, von den Dämonen seiner Erinnerungen von einem Delirium ins andere gejagt. Es scheint sich ganz zart eine Liebesgeschichte anzubahnen, doch Doris Dörries Geschichte entpuppt sich als tiefgründige Selbstfindung in faszinierenden Bildsequenzen einer sich zum Puzzle zusammenfügenden Familienaufstellung.
Internationale Reisemesse Berlin – ITB – Malaysia nicht für alle sicher
©Michaela Schabel
Der Tourismus will Brücken und Menschen verbinden, so die ideelle Legitimation der ITB. Doch ausgerechnet der Außenminister des diesjährigen Partnerlandes Malaysia, Datuk Mohammaddin bin Ketapi, sorgte für einen außerordentlichen Eklat.
Berlin – August Bournonvilles „La Sylphide“ getanzt vom Berliner Staatsballett
©Yan Revazov
Neckisch, elegant, schwebend die Luftfeen der Sylphiden in Tutus , kraftvoll burlesk die Tänzer in ihren flatternden Schottenröcken entführt August Bournonvilles Ballett in eine zauberhafte Märchenwelt von einst.
Vier Jahre nach Taglionis Uraufführung choreografierte August Bournonvilles „La Sylphides“ (1836) für das dänische Ballett. Damit schuf er das Urbild des klassischen Balletts mit Spitzentanz und halblangen Tutus, einem weißen und einem bunten Akt, Vorbild für „Giselle“ und „Schwanensee“ und einer Aufwertung der männlichen Hauptrolle durch anspruchsvolle Soli. „La Sylphide“ avancierte zu einem Vorzeigeballett und für etliche Tänzer zu einem Karrieresprungbrett.
Berlin – „Nacht der Hörner“ im Pierre Boulez Saal
©Peter Adamik
Ganz im Dunkeln durchdringt ein Charles Koechlins „Monodie“ für Horn solo den Raum. Sofort zieht die Klangschönheit dieses Instruments das Publikum in seinen Bann. Unter der Konzeption und musikalischen Leitung Radek Baboráks und der witzigen Moderation Klaus Wallendorfs gelang eine faszinierende „Nacht der Hörner“ im Pierre Boulez Saal. Vom Solo über Duos, Trios, Quartetten, Oktetten waren bis zu 15 Hörner, teilweise mit Orgelbegleitung zu hören
Reise – Marienbad/Tschechien
©MIchaela Schabel
„Es ist der schönste Ort auf der Erde.“ Zumindest für den amerikanischen Erfinder Thomas Edison war Marienbad das Non-plus-Ultra, vielleicht weil hier das Licht eine ganz besondere Atmosphäre zaubert. Nicht umsonst wurde Marienbad zur Sommerfrische von Dichtern und Musikern.