©Nik Schölzel
Das berühmte Musical unterscheidet sich von den anderen Broadway-Evergreens durch seine inhaltliche Ernsthaftigkeit. Grundlage für den Plot von Joseph Steins Musicaltext ist Scholem Alejchems 8-bändiger Roman „Tewje, der Milchmann“ (1895-1916), ein Klassiker der jiddischen Literatur. Jerry Bocks komponierte dazu einen melancholischen Sound durchwirkt von ausgelassener Tanzmusik, wobei sich mitunter rasanter Kasatschok zu rituell jüdischen Tänzen verlangsamt.
Im fiktiven Schtetl Anatevka leben die Menschen, darunter der ebenso erfundene Milchmann Tevje mit Frau und fünf Töchtern im Alltagstrott dahin. Er kämpft gegen die bedrückende Armut und die antijüdischen Ausschreitungen und träumt von einem schöneren Leben, das allerdings die Heiratsabsichten seiner drei ältesten Töchter durchkreuzen. Er will weder einen armen Schneider noch einen revolutionierenden Studenten noch einen Russen als Schwiegersohn. Die Judenpogrome nehmen zu. Das Dorf wird geräumt und Tevjes Familie auseinandergerissen. Es bleibt nur die Hoffnung auf ein späteres Wiedersehen.
Unter der musikalischen Leitung von Carlo Benedetto Cimento, der Regie von Tomo Sugao und der Choreografie von Yo Nakamura darf man gespannt sein, wie „Anatevka“ in der Zeit des Putinismus wirkt.