Der neue Regensburger Intendanten Jens Neundorff von Enzberg konnte den „FAUST“ nach Regensburg holen.
In acht Kategorien wurden jeweils drei Künstler aufgrund einer besonderen Inszenierung im Vorjahr nominiert, davon erhält jeweils einer den „FAUST“, die höchste deutsche Auszeichnung im Theaterbereich. Sieger sind sie trotzdem alle, denn die Nominierung ist schon eine enorme Auszeichnung.
Neuerungen gab es dieses Jahr in der Jury. Bislang waren alle Mitglieder der Akademie der Darstellenden Künste stimmberechtigt, dieses Jahr nur eine 5-köpfige Jury mit Jürgen Flügge (Regisseur, Dramaturg), Regina Guhl (Hochschulprofessorin für Musik, Theater und Medien in Hannover), Peter Michalzik (Autor, Journalist), Barbara Mundel (Regisseurin, Dramaturgin) und Sylvana Seddig (Schauspielerin, Tänzerin).
Neu war auch die Erweiterung der Sonderpreise. Neben dem Preis für das Lebenswerk wurde der „Perspektivpreis“ initiiert, mit dem künstlerische oder kulturpolitische Pionierleistungen honoriert werden, um die Weiterentwicklung der deutschen Theaterlandschaft zu fördern.
Die Show als Rahmen, von 3SAT live aufgezeichnet, wurde vom Theaterensemble Regensburg bravourös mit glamouröser Bühne und Sequenzen aus Yuki Moris „Shakespeares Dreams“ und der jazzigen Uraufführung des „Cold Songs“ aus Henry Purcells „King Arthur“, komponiert von Alistair Lilley . Moderatorin Genija Rykova funkelte in strahlendem als Grand Dame und in Ballerina-Optik mit Mädchencharme, zwischendurch sang sie sich in dunkler Optik als russische Bandleaderin mit Songs aus ihrem Programm „Klischewetzkis“ in den Vordergrund. Ein geschickter Schachzug sich selbst als vielseitige Künstlerin und erste weibliche Moderation des „FAUSTs“ zu positionieren, eine eigene Show a la Quizmaster Kulenkampff mit Butler aufzuziehen, die allerdings bis ins letzte Detail, inklusive der Versprecher, sehr einstudiert wirkte. Nach dem Motto „Das Publikum will das Klischee, der Regisseur findet die Wahrheit“ bot sie zum Unterhaltungsaspekt eine geschickt hintersinnigen Parodie derartiger Wettbewerbe durch ständig wiederholte Superlative. Damit zeigte Genija Rykova durchaus Profil, aber unter dem Deckmantel charmanter Naivität auch eine große Portion Narzissmus Spontaneität und Herzlichkeit hätten besser gepasst.
Das Ereignis des Abends war aber zweifellos Aribert Reimann. Mit Standing Ovations wurde das Lebenswerk dieses grandiosen, sehr bescheidenen Komponisten bejubelt. Seit seinem 10. Lebensjahr komponiert er. Mit absoluten Gehör gesegnet, komponiert er ohne Instrument am Schreibtisch. Er kann alle Töne hören und genauso phantastisch klingen seine Kompostionen, an denen er täglich arbeitet. Ohne Komponieren kann er nicht leben.
Der Perspektivpreis ging an den Aktion „40000 Theatermitarbeiterinnen treffen ihre Abgeordneten, persönlich vom Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins Professor Ulrich Khuon durch seine Laudatio besonders hervorgehoben und übergeben.
In den Einzelkategorien gewannen als beste/bester
- Schauspielerin Barbara Nüsse in „Der Sturm“ am Thalia Theater Hamburg
- Sänger Matthias Klink in „Tod in Venedig“ an der Oper Stuttgart
- Tänzer Ramon A. John in „Eine Winterreise“ am Hessischen Staatsballett
- Regisseur im Schauspiel Thorleifur Örn Arnarsson in „Die Edda“ am Schauspielhaus Hannover
- Regisseur im Musiktheater Tobias Kratzer in „Götterdämmerung“ am Badischen Staatstheater Karlsruhe
- Choreografin Sharon Eyal in „Soul Chain“ am Staatstheater Mainz
- Bühnen-Kostümbildnerinnen Jana Findeklee/Joki Tewes in „Wilhelm Tell“ am Schauspiel Köln, kooperiert mit dem Theater Basel
- Regisseurin im Kinder-und Jugendtheater Martina van Boxen „Lindbergh – die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus“ am Jungen Schauspiel Bochum
Und das Resümee? Mit „FAUST 2018“ wurde Theater einmal mehr als Ort der Freiheit, des Vertrauens und des gemeinsamen Schaffensprozesses gefeiert. „Allein kann man Theater nicht machen, nur zusammen“ bestätigte nicht nur „FAUST“-Schauspielerin Barbara Nüsse den Teamgeist, der nötig ist, Außerordentliches zu entwickeln.
Theater zeigt die Würde und Kultur eines Landes. Wo frei gespielt werden darf, wo es Raum gibt für Kreativität, da ist auch Demokratie und Toleranz.
Michaela Schabel