©Angelika Reling
Schon in Sommerhausen mit 50 Vorstellungen der Renner wurde die Inszenerierung in Landshut von Oliver Zimmer auf Wunsch des Intendanten Sven Grunert effektvoll neu eingerichtet. Statt Guckkastenbühne wird das Foyer zum Pub mit verschiedenen Sitzplateaus, mitten drin im Spotlight entsteht durch ständige Ortswechsel ein dynamisches Spiel mit heiterer Popmusik dazwischen. Optisch aber auch gedanklich eröffnen sich immer neue Perspektiven auf das Grundthema, wenn Sex in der Ehe fehlt. Entsprechend abgewrackt spielt Boris Pietsch diesen Tom. 50 Jahre alt, als Musikjournalist seit einem Jahr arbeitslos schreibt er für junge Menschen, wirkt aber selbst schon sehr alt. Den Rücken hochgezogen, nuschelt er anfangs vor sich hin, kein besonders angenehmer Anblick, so dass man Louises Unzufriedenheit sofort nachvollziehen kann. Sie arbeitet im Gesundheitswesen mit alten Menschen. Nicola Trub zeichnet sie jung und dynamisch, sehr dominant, aber sympathisch in der Ausstrahlung. Unverblümt konfrontiert sie ihn mit ihrer Affäre inklusive dreier Variationen, womit sie die eheliche Sexflaute allerdings auch nicht ausgleichen konnte. Die Affären waren kein Feuerwerk, nur ein Ausbruchsversuch aus der ehelichen Einsamkeit. Längst ist „das Paar gegen den Rest der Welt“ in zwei strittige Einzelwesen zerfallen. Nach dem Gespräch ist vor dem Gespräch. Angriffslustig, analytisch und witzig kreisen sie immer wieder um das Thema Sex wie die Fliegen um das Licht. Sie zerlegen ihr Eheleben wie einen Computer in 100000 Einzelteile. Analog zum Brexit eröffnen sich auch in der Ehe unüberbrückbare Abgründe. Was bei der Eheberatung passiert, wie Tom und Louise andere Paare dort beobachten, welchen Menschen sie auf der Straße begegnen, erfährt man nur indirekt aus dem Off oder durch amüsante Randbemerkungen. Ist die Ehe, wie eine altes Paar erklärt, eben doch nur „ein Kampf durch alle Schmerzen“?
Louise denkt anders „Sex zu haben, ist eine Sache, die dich von allen anderen Menschen in meinem Leben abhebt“. Und Schritt für Schritt scheint er zu begreifen, worauf es ankommt, statt zu jammern zu handeln. Im weißen Hemd wird der Treff im Pub zum Rendevous. Ein Neuanfang ist also durchaus möglich, vorausgesetzt beide wollen.
Künstlerisches Team: Oliver Zimmer (Regie), Claudia Weinhart (Bühne), Lea Sprenger (Dramaturgie), Sandra Brunner (Maske), Jasmin Gran (Requisite), Michele Lupi (Technik/Ton)