"Kultur macht glücklich"


Landshut – „Marilyn Monroes letztes Band“ in den Kammerspielen

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Landshut – „Marilyn Monroes letztes Band“ in den Kammerspielen

©Pablo Leiva

Helmut Stürmers Szenario zwischen Bühnenmaske, Spiegeln und einem Wohnzimmer voll verstreuter Fotografien verknüpft geschickt die Vernetzung von Beruf und Privatleben. Ohne Imitationszwang, ohne Glitzer und Glamour schlüpft Katharina von Harsdorf in die Rolle Marilyn Monroes.

©Florian Heine

Sie lässt das eingeschaltete Tonband die Passage wiederholen und gleitet zurück in Monroes Vergangenheit, erzählt von der lieblosen Kindheit zwischen Waisenhaus und elf verschiedenen Gastfamilien, ihrer Heirat mit 16, der Scheidung mit 20, von ihrer Entdeckung als Model und Filmschauspielerin. 

Ganz ohne Starallüren als harten Existenzkampf präsentiert Katharina von Harsdorf das von 20th Century Fox aufgebaute naiv laszive Sexidol als gehemmtes Kind und kluge junge Frau, die das Wesentliche schnell erfasst, entschlossen und zielstrebig daran arbeitet sich eine Existenz aufzubauen. Wegen Schulden und Mietrückständen machte sie die legendären Nacktfotos auf rotem Samt, die beinahe ihre beginnende Karriere ruiniert hätten. Sie ging auf keine Partys und Presseempfänge, weil sie sich in der Universität für Literaturvorlesungen eingeschrieben hatte. Die Dozentin hielt sie für ein Mädchen frisch von einer Klosterschule. Für Marilyn Monroe das bis dahin das größte Kompliment. 

Hätte es einen Oscar für vorgetäuschte Orgasmen gegeben, hätte sie ihn bekommen. Viel wichtiger als Sex war ihr, menschlich behandelt zu werden. Menschliche Anerkennung und Wärme spürte und fand sie bei Arthur Miller. Als Mann war er „so lala“, als Ehemann zu intellektuell. Die Ehe scheiterte. Frank Sinatra war ein wunderbarer Freund. Sie heirateten nicht, weil Heirat Liebe zerstören kann. Talentagent Johnny Hyde machte Marilyn berühmt und verehrte sie über alles. Geheiratet wurde trotzdem nicht, um ihre Karriere nicht zu gefährden. 

Immer wieder greift Katharina von Harsdorf zum Mikrophon, singt Marilyn Monroes Songs viel zarter, leiser, introvertierter als das Original, ohne die Attitüde der sexuellen Verführung. 

Die Kamera umkreist Marilyn von allen Seiten. Ganz klein und beschützenswert wirkt sie auf dem Sofa liegend aus der Vogelperspektive. Immer kaputter wirkt Katharina von Harsdorfs Monroe. Das Tonband schleift mechanisch im Hintergrund. Das Leben läuft einfach nicht mehr rund. Aber wenn auch die Brüste zu hängen beginnen, passt alles andere noch bestens. Anscheinend nicht. Die Bühne dunkelt ein. Immer schriller und abgehobener, wirkt der Hintergrundsound. Mit rotem Hut und roten High-Heels versucht sie noch einmal optischer Magnet zu werden.

©Florian Heine

Sie will noch Shakespeare spielen, die 14-jährige Julia oder Lady Macbeth und einen Oscar einfahren. Doch das Gesicht verrät die Wirkung der Alkoholflasche in der Hand. Marilyn Monroe ist nur noch ein abgewracktes Showgirl. 

Zu „Kiss me, that my dreams come true“ dreht sie die Spiegel um beklebt mit strahlenden Marilyn-Monroe-Fotos. Doch jetzt zündet der Mythos nicht mehr.

Über den Streaming-Spielplan ist „Marilyn Monroes letztes Band“ zu den üblichen Theaterzeiten zu sehen. 

Mit: Katharina von Harsdorf

Hinter der Bühne: Sven Grunert (Regie, Helmut Stürmer (Bühne), Tizian Jost (Musikalische Leitung), Gianna Madiar (Dramaturgie)