© Isabel Machado Rios
Der Kubus wird zur Black Box. Was darin vom Filmset nachgespielt wird, ist nur in schmerzvollen Schreien und Peitschenhieben hörbar, einer der stärksten Momente der Inszenierung, später über Projektionen auf der frontalen Kubusseite sichtbar. Wie in einer Legebatterie sind die Häftlinge eingezwängt. Für etwas mehr Suppe bietet einer seine hübsche Tochter an. Dazwischen wird vor dem Kubus theoretisiert, über die Wirkung von Filmen diskutiert. Ist der Holocaust nicht längst durch „Schindlers Liste“ zum braven Nazi pervertiert? Ein Schauspieler verweigert weiter mitzuspielen. Er kann die Rolle nicht mehr aushalten. „Ich bin auch nur ein Mensch.“ Sind meditative Tänze nicht besser, um sich zu erinnern und die junge Generation für die Thematik zu interessieren? Doch sich mit superlangen Perücken im Rhythmus zu wiegen, stellt diese Alternative eher ins Abseits.
Der Kubus öffnet sich und dreht sich frontal zum Publikum. Er ist leer. Die blau glänzende Atmosphäre chargiert ins Dunkelgraue, so als gäbe keine gemeinsame Lösung, als sei Erinnerungskultur per se subjektiv und individuell.
Das Stück und die Inszenierung sind ambitioniert, in dieser Form sicher einzigartig. Doch der gewählte Stilmix irritiert und provoziert weniger, als dass er langweilt, bisweilen sogar nervt.
Schon zu Beginn schleppt sich die 25-minütige Vortragssituation dahin, zwar durchaus adäquat zum KZ-Besichtigungs-Alltag, aber die anvisierte Parodie über Übersetzungholprigkeiten aus dem Niederländischen wirkt allzu banal, die Korrekturen aus der ersten Besucherreihe eher peinlich. Der Text bleibt oft in oberflächlich superklugem Palavern stecken. Die Verfremdung der Häftlinge als sterile Animationsfiguren bringt auch keinen weiteren Erkenntnisgewinn, außer dass auch das ein No-Go ist.
© Isabel Machado Rios
In diesem Kontext verlieren selbst innige Momente, wenn Vater (Vincent Rietfeld) und Sohn (Ward Weemhoff) das Schubertlied „Am Tage Aller Seelen“ singen, ihre berührende Kraft.
Doch der Sinn eines Experiments ist es per se Dinge auszuprobieren und in Frage zu stellen. Ob banal oder gelungen entscheidet jeder Zuschauer für sich.
Künstlerisches Team: Vincent Rietveld, Ward Weemhoff von De Warme Winkel (Konzept und Regie),, Theun Mosk (Bühne), Bernadette Corstens (Kostüme), Richard Alexander (Sounddesign), Jan Hördemann (Lichtdesign), Dorothea Neweling (Dramaturgie)
Auf der Bühne: Lieve Fikkers, Marius Huth, Risto Kübar, Mercy Dorcas Otieno, Vincent Rietveld, Lukas von der Lühe, Ward Weemhoff.