Berlin – Thomas Bernhards „Alte Meister“ im Deutschen Theater Berlin

"Alte Meister" von Thom Lux präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Arno Declair

In Thomas Bernhards Roman „Alte Meister“ berauscht sich die Hauptfigur Reger in exaltierten Formulierungen, greift in Bernhardscher Manier zum österreichischen Rundumschlag. Die Theaterversion von Thom Luz und David Heiligers reduziert auf das menschlich individuelle Malheur der Einsamkeit, das Thom Luz´ Regie unter der musikalischen Leitung von Mathias Weibel im existentiellen Nebel  slapstickartig hin und her manövriert.

Seit 30 Jahren besucht dieser Herr Reger das Kunsthistorische Museum in Berlin, um die Mängel in den Bildern zu finden, gleichsam Chiffre für die geistigen Brüche in der Literatur und summa summarum für  den pessimistischen Lebensstil eines Witwers, der in seinen Monologen mit dem Saaldiener, mit Christoph Franken, Camill Jammal und  Wolfgang Menardi von Thom Luz surreal multipliziert, letztendlich die Gesprächsrituale mit seiner verstorbenen Frau heraufbeschwört.

"Alte Meister" von Thom Lux präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Arno Declair

Vor 30 Jahren hatte er sie im Bordone-Saal der alten Meister kennengelernt. Nein, Tintorettos „Weißbärtiger Mann“ hatte ihr auch nicht gefallen. Ihr markantes Nein verwandelte sie wenig später ein beherztes Ja, als Reger sie, die kritische Seelenverwandte, heiratete, die er jetzt  vermisst und der er in diesem Saal immer wieder ganz nahe sein kann.

Wie in Watte getaucht, wird der Saal nur schemenhaft sichtbar.  Über die Silhouette von Regers Witwe (Katharina Matz), grazil in Schwarz ein Schattenwesen elegant auf einer Museumsbank platziert blickt der Zuschauer in den weiß vernebelten Bordone-Saal, in dem Wärter in grotesker  Stereotypität ihre minimalistischen Rituale demonstrieren, im Rhythmus der Musik trippeln, laufen, hüpfen, nach Vogel-Strauß-Manier die Köpfe in die Wände versenken, und aufgescheucht verschwinden, wenn Frau Reger, wieder einmal entzückt über die Tiraden ihres Mannes  in die Hände klatscht, und dann doch wieder erscheinen. Frau Reger ist  längst auf einer anderen Bewusstseinsebene, scheint sich über das menschliche Gehabe zu amüsieren.

Es entwickelt sich ein ritualisiertes Spiel von Trivialitäten, das die Sinnlosigkeit und Lächerlichkeit unserer Existenz  offeriert und gleichzeitig als  Alternative zur künstlerischen Perfektion menschliche Seelenverwandtschaft als existentiellen Halt herauskristallisiert. Das ist weniger  Thomas Bernhard, aber eine wunderbare Thom-Luz-Inszenierung.

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