Berlin – Schaubühne – Uraufführung von Marius von Mayenburgs „Stück Plastik“

Theaterkritik "Stück Plastik" präsentiert von schabel-kultur-blog.de

Der Mensch ist in dieser gnadenlosen egozentrischen Welt nicht mehr als ein „Stück Plastik“, das jederzeit entsorgt werden kann. Auf einer zweiten Ebene spiegelt Marius von Mayenburg den Zynismus des Kunstbetriebs mit seinen Happenings, der die menschliche Misere nur dazu benutzt, individuellen Narzissmus zu befriedigen und einen abgehobenen Lebensstil zu finanzieren. Jessica, die Putzfrau, kürt er zu seiner Muse, die den Dreck der Welt wegzuputzen hat.

Am Schluss bringt die Putzfrau alle um und die Küche hängt, mehrfach gespiegelt, schief,  Metapher für Ausbeutung und Demütigung, für die desolate individuelle und globale Situation.

©Arno Declair/Schaubühne Berlin

Von Marius von Mayenburg klug konzeptioniert und inszeniert, von den Darstellern boulevardesk  überzogen gespielt, funktioniert die Inszenierung vier Jahre nach der Uraufführung in der Berliner Schaubühne  trotz einiger Langatmigkeiten immer noch als Rundumschlag aktueller Thematiken und entwickelt trotz Ulrikes (Marie Burchard) umständlicher Erklärungen, warum man Geld vor Hauspersonal nicht liegen lassen sollte, die allzu bekannte Deklination frustrierte Ehestreitereien des Künstlers (Sebastian Schwarz) ausgewalzte Slapstickshow originelle Szenen mit Lacheffekten, die betroffen machen.In den Ängstlichkeiten des Vaters (Robert Beyer) und Sohnemanns (Laurenz Laufenberg)  findet das Stück eine unerwartet emotionale Erdung. Mannsein offeriert sich als Reaktion auf weibliche Wärme. Die kommt aber eben nicht von der Ehefrau und Mutter, sondern der Putzfrau. Jenny König spielt diese Figur, singt deren Gefühle mit entwaffnender Natürlichkeit, die das sterile Wohnambiente, eine raffinierte Mischung zwischen stylischer Reduktion und ärmlicher Möblierung kontrastiert  und durch bunte Projektionen intensiviert wird. Eine mütterliche Umarmung Jessicas genügt, um Michael endlich wieder einmal eine Erektion fühlen zu lassen, für ihn ein so großartiges Erlebnis, dass die ganze Küche zu schweben beginnt und selbst der Kühlschrank nicht mehr wirklich kühlt. Für den Sohnemann,  der  diese Exzesse der Erwachsenen voyeuristisch mit dem Handy filmt, ergibt sich konsequenterweise  nur ein Vorbild. Er will wie Jessica sein, Wie ihr Double  erscheint er zum Fischsuppenessen. Dass Jessica sie alle mit Schlaftabletten ins Jenseits befördert ist ein amokmäßiger Befreiungsschlag und verdichtet das Stück aus der Schlussperspektive von der schrillen Boulevardkomödie zu einer gelungene Farce.