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Wo „Ku’damm 56“ endet, beginnt „Ku’damm 59“. Die drei Töchter der Tanzschule Schöllack gehen ihre eigenen Wege, dessen ungeachtet mischt sich die Mutter immer noch ständig ein und will mit ihrer tanzenden Tochter Monika ins Filmgeschäft einsteigen. Doch schon der erste Song stellt alle Zielerwartungen in Frage „Was du willst, kriegst du nicht. Was du brauchst, bekommst du nicht…“ Zwischen Talkshow, Casting und Filmaufnahmen leuchten die Beziehungskatastrophen der vier Schöllack-Damen auf, herrlich ironisch getextet, gespielt, gesungen, dramaturgisch verdichtet und atmosphärisch mit rasanten Tanzeinlagen in Szene gesetzt. Mit den Musikern live auf der Bühne geht die Post ab.
Das Anstandsmodell der Schöllack-Mutti hat ausgedient. Die Beziehungen gehen zu Bruch. Ein neuer Lebensstil bricht schon Ende der 1950er Jahre durch. Eva genießt ihre sexuelle Freiheit, Monika visioniert eine Existenz als alleinerziehende Mutter, Paminas Mann bleibt nichts anderes übrig als den Freund ihres homosexuellen Mannes zu akzeptieren. Nur Mutti wehrt sich noch gegen die lesbischen Avancen ihrer Regisseurin.
Durch rasante Tanzszenen und Zweierbeziehungen in ganz unterschiedlich verorteten Spotlights weitet sich die Schöllack-Spießigkeit zu einer amüsanten Gesellschaftssatire mit melancholischen Zwischentönen. Jede Gefühlslage untermalt die Live-Band unter der Leitung von Shay Cohen, von rockig, poppig bis zu operettenhaftem Volumen oder innigem Chanson, wobei die leiseren Songs, rhythmisch etwas anspruchsvoller, mehr überzeugen. Ein richtiger Ohrwurm ist nicht dabei.
Jede Rolle ist perfekt besetzt. Mit Celina dos Santos wird Monika zur emanzipatorischen Vorkämpferin mit dem Herz auf dem rechten Fleck. Isabel Waltsgott verwandelt die brave Eva in eine verführerische Edelprostituierte. Pamina Lenn bleibt als Helga ganz ladylike und arrangiert sich mit Tatsachen, die ohnehin nicht zu ändern sind, während Katja Uhlig in Mutti Catarina ganz neue Talente entdecken darf. Unterhaltungskanone des Abends ist Steffi Irmen. Als Moderatorin und Regisseurin Christa Moser sorgt sie bei jedem Auftritt für herzhafte Lacher.
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Tobias Joch darf als Exfreund Monikas und leidenschaftlicher Romanschreiber schauspielerisch und sängerisch melancholische Szenen dagegenhalten. David Reiser bringt als Freddy, Vater von Monikas Kind und Musiker, die Achterbahn seiner Gefühle durch seine Songs und Holocaust-Erinnerung mit ein. Über Ost-West-Problematik, Korruption, Falschaussagen, Waffenindustrie greift das Musical gesellschaftliche Konflikte jener Zeit auf, doch das Amüsement überwiegt, die Sorgen werden weggetanzt und die fetzigen Songs sorgen für gute Laune. Liebe und Musik sind wichtiger als Erfolg und Ruhm, so die lebensfreundliche Botschaft. Final sind alle inklusive Mutti im Familienbett froh vereint und die ZuschauerInnen in bester Jubellaune.