© Birgit Hupfeld
Oliver Reeses Dramatisierung reduziert auf Oskars private lebensbestimmende Momente aus Grass´ „Danziger Trilogie“ (1959) Band 1 und 2, von der Schwängerung der Urgroßmutter bis zur Ermordung der beiden Väter, von der Verweigerung mit drei Jahren nicht mehr wachsen zu wollen und deren Aufhebung mit 21 als junger Erwachsener mit dem Ziel einer bürgerlichen Familienexistenz mit Anna und dem eigenen Sohn.
Vor Bühnenschwarz in strahlendem Tageslicht getaucht, selbst in nächtlicher Dunkelheit scharfkantig illuminiert, lässt Nico Holonics Oskars kleinbürgerliche Existenz vom schreienden Balg zum trommelnden Egozentriker im Zeitraffer mit expressiv zelebrierter Finesse die wichtigsten Lebensstationen Revue passieren. Die Hand an der der Stirn, im Stechschritt , über den Selbstmord des jüdischen Buchhändlers leuchten Obrigkeitshörigkeit und nationalsozialistischen Inferno auf, ohne wirklich betroffen zu machen.
Präsent werden allein die wuchtigen Bilder von Volker Schlöndorffs Verfilmung 1979, wenn Oskar über Zeugung seiner Mutter auf dem Acker unter den Röcken der Urgroßmutter monologisiert oder über toten Pferdekopf mit den herausquellenden Aalen. Umso mehr vermisst man die politische Dimension dieser Bühnenversion.
© Birgit Hupfeld
Die inszenatorische Reduktion nimmt der „Blechtrommel“ die Wucht nationalistischen Schreckens und die im Roman anvisierte Provokation.
Zu betulich, zu literarisch, den Fokus nur auf Oskar in der Optik der 50er Jahre verliert „Die Blechtrommel“ ihre agitatorische Kraft gegen politischen Rechtsradikalismus. Zu sehen ist zwei Stunden lang dramatisierte Bildungsliteratur für Fans und die gymnasiale Oberstufe, mehr nicht.
Welch Unterschied zu „Amir“ im Großen Haus des Berliner Ensembles! Hier leuchtet Theater tief hinein ins Neuköllner Migrations-Milieu von heute und provoziert zur Reflexion des eigenen Standpunkts.
Der Besucher entscheidet letztendlich, was er sehen will. Das Berliner Ensemble ermöglicht auf hohem Qualitätsniveau die Wal.