Passau – Tanztage entrücken in fernen Osten nach Korea und Japan

Passauer Tanztage präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de
©Michaela Schabel
Zwei Jahre lebte Ute Steinberger in der Hauptstadt Nordkoreas Pjöngjang. Mit dem Lockdown wurden die Gefühle und Erinnerungen an das Leben in einem politisch isolierten Land wieder lebendig, die Basis ihrer Choreografie „ISOLATIONsReise“. Sie liest aus ihrem Tagebuch und vertanzt die kritischen Gedanken in kurzen Sequenzen, wobei sie sehr geschickt, ästhetisch und harmonisch ausbalanciert das Können ihrer drei Schülerinnen und den eigenen Tanzausdruck in Szene setzt. Störgeräusche statt Klangerlebnis verdeutlichen zu Beginn die Reise in ein autoritäres Land, in dem es alle drei Monate Reglementierungen durch neue Verbote gibt, in dem hinter leblosen Skulpturen und Phänomenen Menschen zu einer Lebensform gezwungen werden, die sie nicht leben wollen. Die Jugend tanzt lieber auf Westmusik. Doch in Korea setzt man Nationalstolz, traditionelle Kleider, leuchtendes Grün als Ausdruck der Naturverbundenheit und auf gigantische Tanz- und Gymnastikfeiern“, die en miniature auf dieser Reise aufleuchten, nicht zuletzt durch die fulminant gesungenen Lieder von Ute Steinberger. Hoch gestreckte Beine lassen militärischen Einsatz assoziieren, in tänzerischer Bodenarbeit und ritualisierten Wiederholungsmustern werden Unterdrückung und starres Reglement spürbar. Doch die Fröhlichkeit bahnt sich hüpfend, Rad schlagend, auf Spitze getanzt, in diagonal wirbelnden Drehungen den Weg in eine andere Zukunft mit Milena Geßner in rotem Kostüm als optischen Fixpunkt.
Die zweite Choreographie „Enro Boke“ setzt weniger auf narrative als auf atmosphärische Momente der längsten Pilgerreise der Welt, 1300 Kilometer quer über die japanische Insel Shikoku. Enro, der Pilger, erlebt Boke, die unterschiedlichsten physischen und psychischen Zustände, die sich schließlich schließlich in eine beschauliche Gelassenheit verwandelt. In alternierenden Soli werden unterschiedlichste Emotionen lebendig.
Passauer Tanztage präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de
©Michaela Schabel
Der Weg ist das Ziel, heißt es so schön im asiatischen Denken. Zwei ganz spezielle Wege zeigen die beiden Choreographien des ersten Wochenendes der Passauer Tanztage. Unter der Federführung von Andreas Schlögl, Sebastiano Bonivento und Ute Steinberger gelingt ein ganz spezielles Programm…
Gemeinsamer Nenner sind die kraftvolle Körperlichkeit zwischen fließenden Tai-Chi-Bewegungen, energetischem Vibrieren, abrupten Bewegungen aus Kampftechniken, perkussiv durch das Klappern der Getas, japanischen Holzsandalen eindrucksvoll verstärkt, und dem sehr expressiv, innerlich empfundenen Ausdrucksmöglichkeiten des zeitgenössischen Tanzes. Umtriebigem Stadtlärm folgen Naturimpressionen vom Vogelgezwitscher über Gewitter, Starkregen bis unerwarteten Vorzeigens des Coronapasses als überraschender Abschluss und gelungener Brückenschlag zum Thema eingeengter Freiheit.