Einer Anekdote nach inspirierte die Schaufensterauslage eines Juweliers in New York Balanchine zu diesem dreiteiligen Ballett.
„Jewels“ erzählt keine Handlung, aber Ballettegeschichte und ist gleichzeitig eine Hommage an die Städte und deren Kulturen, in denen Balanchine lebte. Die drei Ballettsequenzen sind durch Farbstimmungen klar getrennt und dramaturgisch durch ein immer größeres Corps de ballet auf ein grandioses Finale zugespitzt.
In „Emeralds“ formiert sich das Corps de Ballet in Smaragdgrün nach der spätromantischen Musik von Gabriel Faurés „Pelléas et Mélisande“ und „Shylock“ zu erhabenen Colliers und Diademen als Hommage an das elegante, sehr feminine Paris, wo Balanchine nach der russischen Revolution Fuß fasste. Grazil ständig auf Spitze in halblangen Tüllröcken mit fließenden, wogenden Armbewegungen wirken die zehn Tänzerinnen vor grüner Kulisse mit funkelnden Smaragden wie Elfen im Zauberwald voll schwebender Eleganz, intensiviert durch die beiden Solopaare. In immer höheren Hebungen entfalten die beiden Solistinnen (Prisca Zeisel, Jeanette Kakareka), verführerische Eleganz und anmutig zarte Weiblichkeit.
©Wilfried Hösl
„Rubies“ präsentiert das nervös schwungvolle und amüsierfreudige Lebensgefühl New Yorks. Geradlinig wie Werbegrafik leuchtet Rot auf schwarzen Bühnengrund. Kurz und kess signalisieren die rot funkelnden Kostüme Broadwayrevue, noch mehr der freche, sexy Tanzstil. Mit geflexten Händen und Füßen, viel Hüfte und Becken, damals zumindest gewagten Schieflagen zu Igor Strawinsky komplexem „Capriccio für Klavier und Orchester“ wirkt dieser Teil am modernsten und spritzigsten, mit Osiel Gouneo und Nancy Osbaldeston als sympathisch Revuestars und Prisca Zeisel rasante Soli.
Mit 20 Tanzpaaren in glitzernden Weiß vor einer blau schimmernden Eishöhle beschwört Balanchine in „Diamonds“ den Prunk zaristischen Balletts seiner Heimatstadt Sankt Peterburg noch einmal herauf, durch den traditionellen Stil mit vielen Ports de bras, komplexer Beinarbeit, pittoresken Posen eine Reverenz an Ballettmeister Marius Pepita.
©Wilfried Hösl
Nach einem Feuerwerk von grandiosen Soli mit spektakulären Sprüngen und rasanten Drehungen, einem festlichen Pas de deux (Ksenia Ryzhkova, Alexey Popov) nach Tschaikowkys „Sinfonie Nr. 3 D-Dur op. 29“ endet „Diamonds“ in einer majestätischen Polonaise.
Das ist alles in allem Schönheit und Wohlklang pur, Balsam für die Seele.
Michaela Schabel