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Berlin – Hervorragende „Ballett-Gala“ als Abschluss der Berliner Ballettwoche

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Berlin – Hervorragende „Ballett-Gala“ als Abschluss der Berliner Ballettwoche

©Staatsballett Berlin, Foto: Yan Revazov

Eine Woche lang jeden Tag eine andere großartige Ballettvorstellung, jeden Tag ausverkauft erweist sich das Berliner Staatsballett als…

„international, neugierig und tief in Berlin verwurzelt“, so Intendant Christian Spuck und lieferte den Beweis mit einer hochkarätigen Ballett-Gala als Finale.

Zweieinhalb Stunden präsentierten die 80 TänzerInnen ein mitreißendes Programm mit den Highlights aus den Choreografien des Berliner Staatsballetts alternierend aus dem klassischen und zeitgenössischen Repertoire. Dabei erlebte das Publikum, wie vielseitig, ausdrucksstark und hochprofessionell das Berliner Staatsballett tanzt. Unter der Moderation von Christian Spuck und Petra Gute gelang eine euphorisch gestimmte Ballet-Gala mit immer längeren Applausschleifen. 

Ohne große Kulissen und Requisiten, Farbflächen, zuweilen Nebel, Lichtbündel, Kronleuchter oder ein Möbelstück genügten als Hintergrund fantastische Choreografien effektvoll wirken zu lassen. 

Der Bogen spannte sich von Patrick Sparks zauberhaft choreografiertem „Schwanensee Walzer“ (1997) für das Ensemble bis zur witzig experimentellen, anspielungsreichen Bewegungsstudie „Skew-Whiff“ (1996) von León & Paul Lightfoot zu Rossinis „La gazza ladra“, wobei sich im Verhältnis von acht klassischen Ballettstücken zu vier modernen Choreografien weniger der Schwerpunkt des Berliner Staatsballetts als die Rücksichtnahme auf den Publikumsgeschmack bei einer Ballett-Gala spiegelt. Über die klassischen Pas-de-deux-Choreografien ergibt sich ganz automatisch ein Feuerwerk von Highlights und das Publikum erlebt die Spitzenpaare direkt im Vergleich.  

Jana Salenko begeisterte mit David Soares bei der „Delibes Suite“ (José Carlos Martínez, 2003) mit furiosen Sprungserien und rasanten Pirouetten und ein zweites Mal mit Kalle Wigle in George Balanchines extrem anspruchsvollem „Tschaikowsky-Pas-de-deux“, alternierend und zusammen von großartiger Virtuosität. Als strahlendes Paar begeisterten Polina Semionova und Martin ten Kortenaar mit Sir Frederick Ashtons kurzer Choreografie „Voices of Spring“ nach der Musik von Johann Strauss Sohns „Frühlingsstimmenwalzer“. 

Überaus zart, mit endorphinisiert schwebender Leichtigkeit und überaus empathischer Expression interpretierten Michelle Willems und Giovanni Princic Spucks Balkonszene aus „Romeo und Julia“ (2012). Das gilt auch für Riho Sakamoto, die in Patrice Parts „Giselle“ (2015) als jenseitiges Wesen verzaubert und von ihrem Geliebten, getanzt von David Soares, endgültig Abschied nimmt und sich regelrecht in ein Luftwesen verwandelt. Mit Jan Casier machte Riho Sakamoto in „Blake Works I“ (2016) William Forsythes klassischen Ansatz nach dessen 17-jähriger Schaffenspause deutlich.

Die zeitgenössischen Tanzstile dazwischen verdeutlichen umso mehr den extremen Wandel, den die Ballettgeschichte erlebte und wie offen das Publikum inzwischen dem moderne Tanz gegenübersteht. Raffaelle Queiroz und George Susman sorgten mit dem minimalistischen Solo „Aria“ (2012) von Douglas Lee, dem zweiten Stück der Gala, für die ersten Jubelrufe. In Samantha Lynchs „Come Back“ erkundeten fünf TänzerInnen eine mobile Holzbank, bis sie erkennen, dass das Ziel ihrer individuellen Suche die Gemeinschaft ist. Mit einem Auszug von William Forsythes innovativem „In the Middle, Somewhat Elevated“ (1987) treffen akustische Hämmerschläge auf gestreckte Beine. Weronika Frodyma und Cohen Aitchison-Dugas loten Bewegungen und Neigungen von Körperachsen, akustisch untermalt, rasant und sehr ästhetisch aus. 

Trotz aller Virtuosität und Perfektion kam der Humor nicht zu kurz. Für große Überraschung vor der Pause sorgte Spucks parodistisches „Le Grand Pas de deux“ (1999), herrlich humorvoll von Danielle Muir mit Brille und Handtäschchen und Martin ten Kortennaar getanzt.

Und überaus witzige Passagen gab es im letzten Stück vor dem großen Finale zu entdecken. In „Skew Whiff“, zu deutsch „windschief“, „falsch positioniert“, entdecken vier TänzerInnen nicht nur die Facetten ihrer eigenen Beweglichkeiten, sondern auch ihre Sinnlichkeit und hinterfragen gleichzeitige einengende gesellschaftliche Normen. 

Dazu kontrastierte das große Finale als Cross-Over-Show ganz im Stil des klassischen Balletts, was an diesem Abend alles geboten war und was das Staatsballett zu bieten hat. Spitzenklasse! Großer Applaus für das gesamte Ensemble und für die Staatskapelle Berlin unter der musikalischen Leitung von Tom Seligman. Bei der anschließenden Autogrammstunde waren Spitzenpaare ganz aus der Nähe zu bewundern.